21.01.2013

Was macht denn da brr und drr?

Bevor Julia auf die Welt kam und auch in ihren ersten 7 Lebensmonaten war ich der Meinung, alle Ecken müssen mit einem Eckschutz gesichert, alle Teppiche rutschsicher gemacht werden, sofort muss Emaille- und Melamingeschirr für die Kleine besorgt werden, ebenso Plastiklöffel, auf jedem Schrank ein Sicherheitsschloss montiert werden. Sie soll ihren Hochstuhl nicht verschieben können, ihre Möbel sollen so schwer sein, dass sie ja nicht hinfallen.

Also, ich schockiere Euch jetzt.
Wahrscheinlich denkt ihr sogar, ich sei unverantwortlich, verrückt und eine Rabenmutter, aber abgesehen von ein paar Schrankschlössern (genau gesagt von 2en: Biomüll und Reinigungszeug) und Steckdosensicherungen sowie einen Gitterzaun vor der Treppe (allerdings nicht montiert!), habe ich von all dem nichts im Gebrauch. Keine Ecksicherungen, keinen Rutschstopp unter dem Teppich, das Melamingeschirr ist auf gutes Keramik und Glas, der Plastiklöffel in einen normalen Silberlöffel ausgetauscht worden. Auch die Möbel (alle in ihrer Größe, also nicht die hohen Schränke) sind leicht beweglich, sodass sie sie schieben und heben kann. Und ja, sie können auch umfallen.

Wie bitte?
Das Geschirr kann ja zerbrechen, die Ecken können wehtun, der Teppich könnte gefährlich sein, und die Stühle und andere Möbelstücke quietschen und machen brr und drr wenn man sie herumschiebt und können immer wieder umkippen. Samt Kind!


Das stimmt. Aber betrachten wir es mal so: In einem Haus, in dem das Kind nie achtsam sein muss wenn alles in seiner Umgebung gesichert und unzerbrechlich ist, fällt es um viele notwendige Erfahrungen um und in seinem Leben würde immer etwas fehlen. Wenn wir zerbrechliche Gegenstände vom Kind fernhalten, wie soll es dann den Umgang damit lernen? Diese Gedanke von Montessori fefällt mir ausgesprochen gut.

Das Geschirr zerbricht, und so merkt meine Maus, dass es Dinge gibt, die schneller kaputt gehen, als andere. Auf diese muss man eben besser aufpassen. Die scharfe Kanten tun weh - so merkt meine Kleine, dass sie achtsamer sein muss und ihre Bewegungen geordneter. Der Teppich rutscht weg - so merkt meine Kleine, dass sie dort eben keinen guten Halt hat. Die kleinen Möbelstücke machen brr un drr, wenn sie sie schiebt - so merkt sie, dass sie ihre Bewegungen noch besser in Acht nehmen muss.

Montessori meinte mit einer "vorbereiteten Umgebung" nicht, dass das Kind in Watte gehüllt werden soll. Im Gegenteil: Der kleine Mensch braucht eine Umgebung, wo er (unter unserer Beobachtung) alles alleine machen kann und somit die eigenen Erfahrungen sammeln kann.

9 Kommentare

  1. Witzig, ich finde unseren Stil in vielen deiner Postings wieder, auch wenn ich noch nie groß was von Montessori gehört habe.

    Bei uns sind auch nur die Steckdosen und die Treppe gesichert, sonst nichts. Kein Kantenschutz, keine Schubladen- oder Türverriegelungen und es klappt hervorragend. Er weiß genau, an welche Schubladen er z.B. in der Küche (Porzellan, Putzmittel, Pfannnen) nicht darf und die lässt er auch fast immer in Ruhe. Er hatte auch sehr schnell gelernt, wie man sich in Schubladen und Türen nicht die Finger quetscht, sodass auch das nie ein Problem war. So gibt es noch unzählige Beispiele (Lampen, heiße Tassen, Kerzen, unsere Katzen).

    Er kann sich sowohl im Erdgeschoss als auch im Obergeschoss frei bewegen und auch für uns ist das sehr entspannend, denn wir müssen ihm nicht immer hinterher rennen. Das war für mich der Hauptbeweggrund - ich wollte dass er machen kann, ohne dass ich ihn permanent überwachen muss.

    Mittlerweile isst er vieles auch vom Porzellanteller - Abendessen ausgenommen, denn da ist er oft schon zu müde und schmeißt infolge dessen oft was runter. Besteck bekommt er normalerweise auch normales, also Teelöffel und Kuchengabeln. Auch das war noch nie ein Problem.

    Du siehst, du bist nicht allein und unverantwortlich finde ich das schon gar nicht! Ist eben nur eine etwas andere Auffassung davon, welche Erfahrungen man seine Kinder machen lässt, auch die negativen.

    Liebe Grüße
    Isa

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    1. Ich glaube, dass ich meine Kleine am Anfang unterschätzt habe. Sie weiß genau wo sie nicht hin darf, so wie Du es auch beschrieben hast, welche Kasten nicht für sie bestimmt sind. Und sie akzeptiert das ohne weiteres. Warum auch nicht? Immerhin sind das nur wenige Tabuzonen und der Rest wartet darauf, entdeckt zu werden ;)
      LG
      Anna

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  2. Hallo Anna,

    du sprichst mir aus dem Herzen, ich werde auch oft als Rabenmama betitelt. Aber ich glaube es ist so wichtig das Kinder ihre Erfahrungen sammeln und manchmal tut es weh. Natürlich denke ich als Mama mit was schlimmstenfalls passieren kann aber manchmal muss man die kleinen auch mal machen lassen.

    lg Katharina

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    1. Liebe Katharina!

      Du hast schon recht, Sorgen macht man sich ja als Mama immer. Wenn ich meiner Maus zuschaue wie sie herumtollt, berechne ich im Kopf gleich alle möglichen Unfallvarianten. Klar, ich probiere locker zu bleiben, aber nun ja, habe eben ein Mutterherz und ein Mutterhirn ;)

      LG,
      Anna

      P.S.: Deine E-mail wird bald auch beantwortet ;)

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  3. Finde deine Einstellung wirklich super :) Bei uns sind auch nur die Steckdosen abgesichert und gefährliche Sachen hoch geräumt. Emily hat letztens beim Papa ihren ersten Teller zerschmettert und seit dem ist sie viel vorsichtiger.

    Beim Essen hab ich mich von Anfang an gegen Breikost entschieden. Als Emily 6 Monte alt war hab ich ihr immer wieder ein Stück Apfel,Birne usw.. angeboten und sie konnte somit selber die Sachen erforschen. Es hat zwar gedauert aber mittlerweile isst sie wirklich schön.
    Liebe Grüße
    Sina

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    1. Es ist wirklich schön, wenn man in seiner Meinung bestärkt wird, auch wenn ich auch ohne Bestätigung dazu stehen würde. Ich möchte nicht herzlos wirken oder mich gar verrückt anhören, aber ab und zu wünschte ich mir, meiner Maus würden kleine Missgeschicke passieren, wie neulich, wie ich heimlich gehofft habe, der Luftballon würde platzen. Nicht aus Gemeinheit, sondern damit das ihre Erfahrungen bereichert.

      Das mit der Beikost würde mich schon sehr interessieren. Julias Zähne lassen sich Zeit, sodass sie nicht alles beißen kann (mag?). Das Butterbrot interessanterweise isst sie gerne, früher auch die Gurken, sie isst ganze Äpfel (muss halt die Schale rundherum abbeißen), Knäckebrot, Bananen, Birnen und Käse. Aber ganz ohne Brei würde sie trotzdem hungrig bleiben (sie ist gerade dabei, sich abzustillen). Alle Achtung, dass Du das ganz ohne Brei geschafft hast. Was meinst Du, was könnte ich noch probieren? Hättest Du für mich ein paar Tipps?

      Liebe Grüße, Anna

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    2. Hallo liebe Anna,

      ich bin zwar nicht Sina und mein kleiner Großer ist nach der Brust auch mit Breikost ernährt worden, aber ich plane für das zweite Kind BLW (Baby Led Weaning).

      Wenn du mal ein bisschen googlest, findest du zahlreiche Seiten im Internet, wo genau beschrieben wird wie das so abläuft. Vielleicht hilft dir das? Es dauert wohl etwas länger, bis die Kinder dann völlig von der Brust weg sind, aber irgendwann essen sie dann ganz normal mit und decken darüber auch ihren kompletten Nährstoffbedarf.

      Liebe Grüße

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    3. Liebe Isa,

      Danke Dir für den tollen Tipp! Eigentlich stille ich schon seit Wochen nur noch 2x am Tag (also in der Früh und am Abend), nachts gar nicht mehr. Von dem Ausdruck BLW habe ich noch nicht gehört, also habe ich nachgegoogelt.

      Im Großen und Ganzen läuft bei uns jede Mahlzeit so ab, wir essen gemeinsam am Esstisch, sie isst mit den Fingern, aber sie will auch den Brei. Ich lasse mich von der Maus gerne leiten, nur ist es für mich ein Rätsel, warum sie Butterbrot, Kekse usw. gerne isst, aber bissfestes Gemüse nicht mag. Jeden Tag koche ich was und lege es ihr auf den Teller. Sie isst es weder roh, noch gekocht. Sie kostet höchstens. Sie zeigt mit ihren kleinen Karottenfingern und mit zusammengezogenen Augenbrauen auf den Brei: „Lieber von dem da, Mama!“. Egal was drinnen ist, ob Brokkoli oder Pastinake, sie isst es. Aber auch den Brei möchte sie mittlerweile alleine auslöffeln. Also Banane, Apfel, Butterbrot (oder Knäckebrot, Hirsekringel…) mit Brei und natürlich will sie alles kosten, was ich esse. Das wiederum gefällt mir :).

      Vielleicht hätte ich nie mit dem Brei anfangen sollen? Hm.
      Naja, ich denke, ich mache mir da zu viele Gedanken darüber.

      Wie geht es Euch mit dem Schlafen?

      LG,
      Anna

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  4. hey! Ich habe zufällig edeinen blog gefunden und find eihn sehr ansprechend. Ich werde nicht im Montessori-Stil erziehen (zumindest nicht bewusst), kann aber vieles trotzdem bei uns auch wiederfinden. Bei uns ist auch so gut wie nichts gesichert. Ein paar Steckdosen, Putzzeug. Das wars. Und aus unsren Regalen kann sie alles raufziehen. Was treibt mich manchmal zur innerlichen Weißglut, aber ich finde, sie muss entdecken.

    Bisher sind wir damit echt gut gefahren.

    LG Nicola

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