17.11.2013

Was Montessori-Materialien so besonders macht


In der halbjährlich erscheinenden Zeitschrift "Das Kind", das ich bei der Deutschen Montessori Gesellschft abboniert habe, las ich einen Artikel von Nico van Ewijk, den ich immer und immer wieder durchlesen musste. Nicht, weil ich ihn nicht verstanden habe, sondern weil er mich so faszinierte, über: Das wissenschaftliche Werk von Dr. Maria Montessori.

Der ganze Artikel ist ziemlich umfangreich aber auf einen ganz bestimmten Gedanken in diesem Schreiben würde ich gerne hier in meinem Blog eingehen: Auf die Montessori-Materialien und was sie so besonders macht.

Van Ewijk schreibt dazu:

"Obwohl Arbeit und Spiel offenbar verschiedenen Zwecken dienen, nutzen in beiden Fällen die Kinder ihren Körper, um Gedanken auszudrücken, etwas auszuwählen, Kontrolle über ihr Tun auszuüben, zu tun, was sie interessiert, aus intrinsischen Gründen heraus zu handeln und Dinge gemeinsam auszuführen. Die Montessori-Materialien eröffnen aber eine weitere Chance für ihre Entwicklung: Sie sind dazu gedacht, dem Kind zu einer Ordnung der Welt zu verhelfen. Die Kinder lernen zu vergleichen, zu klassifizieren, Konkretes in Stufenabfolgen zu bringen sowie zu quantifizieren. Ich würde das als rein wissenschaftliche Aufgaben bezeichnen."

Wenn ich meine Kleine beim konzentrierten Tun beobachte, denke ich oft an eine kleine Wissenschaftlerin die gerade dabei ist, den Sinn der Dinge zu entdecken. Was alles lernt sie beim Erforschen? Warum sind die Methode Montessoris und ihre Materialien dabei so besonders? Warum fördern sie diese Konzentration die Montessori "Polarisation der Aufmerksamkeit" nannte?

Diese Materialien wirken schlicht und einfach. Das liegt daran, dass sich die einzelnen Elemente eines Materials nur in einer oder wenigen Eigenschaften unterscheiden. So sind die Holzzylinder zum Beispiel alle naturbelassen, also braun, und auch alle gleich hoch, jedoch unterschiedlich "dick" oder eben alle gleich "dick", dafür aber unterschiedlich hoch. Oder zum Beispiel der Rosa Turm: hier sind alle Kuben rosa (oder bei einige Modellen eben naturbelassen), jedoch unterschiedlich groß und unterschiedlich schwer.

Damit das Kind sich auf diese bestimmten Eigenschaften fokusieren kann, reicht es oft nicht, das Material so schlicht zu halten wie beschrieben. Auch die Umgebung spielt eine wichtige Rolle. Ich habe Julias Puzzle auf 3 unterschiedliche Arten fotografiert und war selbst überrascht, wie groß der Unterschied ist:


Das Puzzle abgeblitzt mit einer kunter-bunten Unterlage die auch ein gemusterter Teppich sein könnte,


hier ohne Unterlage, einfach auf dem Parkettboden,


und hier zwar auf dem Parkettboden ohne Unterlage, dafür aber gemischt mit anderen Spielsachen und Materialien.

Mit Kinderaugen betrachtet, die alles was sie sehen, hören und fühlen, in sich aufsaugen, herrschen auf Bild 1 und Bild 3 einfach nur Chaos. Die Kleinen würden wahrscheinlich einfach das Weite suchen, denn mit so vielen Sinnenseindrücken sind sie schnell überfordert. Wie sollen sie bei diesem Wirr-warr den Größenunterschied der Kreise entdecken und vergleichen können? Wie und auf was sollten sie sich hier konzentrieren können um bestimmte Zusammenhänge zu entdecken?

Van Ewijk vergleicht dies mit einem Theater. Alle Scheinwerfer sind ausgeschaltet, es herrscht im Raum Dunkelheit und plötzlich, durch diese Dunkelheit, formt ein Lichtstrahl eine weiße Scheibe auf dem geschlossenen Vorhang. "Plötzlich öffnet sich dieser Vorhang ein wenig und das lustige Gesicht eines Kasperls lacht das Publikum an. Alles konzentriert sich auf ihn. Er ist im Zentrum der Aufmerksamkeit. So mag das Kind auf seiner mentalen Stufe handeln, voll fokussiert auf das Material seines Studiums. Wir sehen den jungen Wissenschaftler bei der Arbeit in seinem Labor, wie er auf die Stimme des Material horcht, das flüstert: Wenn du mich korrekt gebrauchst, werde ich dir meine Geheimnisse verraten."
(Das Kind, 53/2013)

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