Montessori zu Hause kann oft so simpel sein! Manchmal bedeutet es einfach nur, gegenwärtige Momente und spannende Geschehnisse im Familienalltag bewusster zu erleben, gemeinsam zu genießen und nachhaltiger festzuhalten. So zum Beispiel einen Ausflug oder einen Urlaub.


Wohin und wie in den Urlaub, planen meistens wir Eltern, kleinere Ausflüge planen wir jedoch oft zusammen mit unseren Kindern. Aber so oder so, nach einem fertigen Urlaubsplan oder einer gemeinsam ausgedachten Idee für einen Ausflug, schnappen wir uns einen Atlas oder gehen zu unserer riesigen Österreichkarte, die an der Wand hängt und studieren gründlich unseren Reiseweg und unser Reiseziel.



Wo genau liegt dieser Ort, wo wir hinreisen? Ist das noch Österreich? Noch in Wien? Durch welche (Bundes)Länder fahren wir? Ist es südlich oder westlich? Wie reisen wir dorthin? Mit welchem Flug oder Zug oder auf welcher Autobahn? - und dabei fahren wir mit dem Zeigerfinger entlang der Reisestrecke und kleben sogar eine bunte Markierung auf das Ausflugsziel. Wie beeindruckt die Kinder immer wieder sind, wenn sie durch all diese bunten Markierungen sehen, wo sie bereits überall schon waren!



Ich liebe Landkarten! Und ich finde, Kindern zu zeigen, wie sie Landkarten lesen und nutzen können, ist wichtig. Sogar wenn wir schon am Ausflugs- oder Reiseort sind, benutzen wir Landkarten, um uns zu orientieren. Apps sind zwar schneller und kompakter, verschaffen Kindern jedoch kaum einen Überblick. Eine Karte richtig ablesen und benutzen zu können bedeutet, sich eine Orientierung zu verschaffen, Himmelsrichtungen zu kennen, Maßstäbe zu verstehen und Entfernungen einschätzen zu können. Fähigkeiten, die in der Schule oft lustlos geübt, bei solchen Ausflügen jedoch spielend und sinnhaft entdeckt werden können.



Auf unsere Ausflüge nehmen wir auch gerne Pflanzen- und Tierführer mit, denn es gibt so vieles zu entdecken! Manchmal ein Meer aus gelben Blumen oder wunderschöne bunte Schmetterlinge. Glänzende Käfer und interessante Samen, die von einem Baum runtergefallen sind. Und die Kinder fragen so oft, was das alles ist, doch statt ihnen eine Antwort zu geben, gebe ich ihnen lieber die Möglichkeit, selbst Antworten zu finden. DAS bedeutet für mich nachhaltiges Lernen.

 


Und nach dem Urlaub oder Ausflug, um all unsere Erlebnisse, Entdeckungen und Orte "festzuhalten", gestalten wir gemeinsam ein Reisetagebuch mit vielen Fotos, Notizen und Skizzen. Dort schreiben wir auch die Namen der Orte, der Pflanzen und Tiere hin oder die Höhe, auf der die Orte liegen und zeichnen auch hier und da Bilder hin, von dem, woran wir uns am liebsten erinnern. 


Als Julia erst 5 Jahre alt war und gefragt wurde, wo sie Urlaub gemacht hat, konnte sie nicht antworten. Das fand ich immer so schade. Umso schöner ist es jetzt, dass die Kinder durch das gemeinsame Planen und durch diese Reisetagebücher diese Ausflüge auch wirklich bewusst miterleben.



Von solchen Reisetagebüchern haben wir bereits ein paar und unsere Kinder lieben es, diese zu gestalten und dann immer wieder gemeinsam durchzublättern! Sie zeigen die Bücher auch stolz im Kinderhaus und in der Schule und auch die Großeltern oder Besucher werden gerne zum Betrachten eingeladen. Und dabei erzählen die Kinder so viel!


 

Ja, Montessori zu leben muss nicht immer bedeuten, neue Spielideen auszudenken oder gar Spielsachen anzuschaffen. Es reicht oft einfach nur, die Gelegenheiten zu nutzen, um es Kindern zu ermöglichen, die Schönheiten dieser Welt für sich zu entdecken.


Falls Ihr Lust habt, es auzuprobieren: Solche einfache Fotoalben oder Scrapbooks zum Selbergestalten mit weißen Seiten findet ihr zum Beispiel hier* oder hier*, die Auswahl ist jedoch wirklich riesig. XXL Reliefkarten findet ihr auch über Österreich*, die Schweiz*, Deutschland* und Europa*. Einen Atlas, den ich sehr empfehlen kann, ist der Diercke Drei Universalatlas*. Und unsere liebsten Tier- und Pflanzenbestimmungsbücher sind: der Kosmos-Pflanzenführer*, Pflanzen und Tiere um uns - mein erstes Bestimmungsbuch Band 1* und auch Band 2* (mit atemberaubend realistischen Aquarellzeichnungen!), sowie der Kosmos-Baumführer*. (Die Sternchen kennzeichnen Affiliate-Links)

Text- und Bildrechte: ©Anna Christina Jost

 

Vom Mathe-Loser zum Mathe-Studium: meine Geschichte

Mathematik stand bei mir in der Grundschule ziemlich weit unten auf der Beliebtheitsskala. Lesen und Schreiben mochte ich sehr, aber was Mathe betraf, verstand ich oft nur Bahnhof. Die Mal-Reihen auswendig lernen, die Uhrzeit auf der analogen Uhr abzulesen und mit 2-stelligen Zahlen als Divisor dividieren - wie machten das die anderen so schnell? Ich schaffte es einfach nicht, mitzuhalten und fühlte mich dumm.


Dann kam ich ins Gymnasium und was Mathe betraf, wurde es nicht leichter für mich. Ich schaffte es nicht, bei den langen Rechnungen auf der Tafel mitzuhalten und als die Professorin dann diese Rechnungen auch gleich nach 10 Minuten wieder weglöschte, gab ich gänzlich auf. Es ging so lange weiter, bis ich dann in der 3. Klasse Gymnasium in Mathe sitzen blieb! Den darauf folgenden Sommer verbrachte ich damit, mich auf die Wiederholungsprüfung vorzubereiten, während sich meine Mitschüler*innen im Freibad vergnügten.


Doch als ich später beschloss, Pädagogik zu studieren, hat das Schicksal es mit mir gut gemeint und mir eine Chance gegeben. Nach ein paar Mal Hin- und Herwechseln zwischen den Fakultäten blieb mir nämlich ironischerweise nur ein Hauptfach übrig: Mathe. Puh! Echt jetzt? Mathe? Aber irgendetwas in mir sagte, ich sollte es versuchen - und ich begann mein Studium in der Mathe-Fakultät.


Semester verstrichen, Jahre vergingen und ich lernte Algebra und Angewandte Mathematik, Elementargeometrie und  Integralrechnungen, Statistik und Wahrscheinlichkeitsrechnungen - und ich liebte es! Es war zwar oft kein Spaziergang, denn ich musste viel nachholen, aber ich hatte (wieder) Freude an Mathe. So sehr, dass ich Jahre später an der Technischen Universität in Wien inskripierte an den Fakultäten Mathematik und Physik. War das Ironie? Oder steckte hinter dieser Wende etwas anderes?



Déjà-vu

Ich unterrichtete bereits seit Jahren in Regelschulen als Mathematik-Lehrerin, machte eine weitere Ausbildung zur Montessori-Pädagogin, als meine Erstgeborene dann auch das Schulalter erreichte. Sie kam in die 2. und dann 3. Klasse und immer mehr haderte sie mit den Mal-Reihen, mit dem Uhr-Ablesen, mit Divisionen, bis ihre Blockade zu einer völligen Abneigung gegenüber Mathe führte. Es war für mich wie ein Déjà-vu.


Dyskalkulie / Rechenstörung F 81.2? Damals hatte ich noch keine eigene Montessori-Schule und unterrichtete sie auch nicht selbst, aber ich machte mir viele Gedanken als Mutter: Kann ich was tun? Und wenn ja, was? Ich las jede Menge Bücher, hörte mir Vorträge an und durchblätterte immer wieder meine eigenen Skripten. Und je mehr ich mich in das Thema hineinkniete, umso überzeugter war ich davon, die Ursache dieser Herausforderung nicht beim Kind, sondern zunächst in seiner Umgebung zu suchen. Denn nach der Montessori-Ausbildung wusste ich eins mit Gewissheit:


In JEDEM (Kind) steckt ein mathematischer Geist!

Habt ihr schon junge Kinder beim Spielen oder einfach bei Tätigkeiten im Alltag genau beobachtet? Sie zählen! Seien es die Waggons der U-Bahn, die Treppen bis zur Wohnungstür und die Küsse, die sie einem auf die Wange geben, sie zählen die Dinge, die sie umgeben, ab. Sie fragen uns auch häufig, wann gestern und wann vorgestern war, wann es morgen und wann übermorgen sein wird oder wo Links und wo Rechts ist. Sie schreiben auch gerne viele Zahlen hintereinander und finden es spannend, wenn wir ihnen diese große Zahl dann laut vorlesen. Sie zählen ab und schreiben Zahlen, addieren und subtrahieren und je länger eine Zahl, umso größer ihre Freude.

Vielleicht verstehen sie noch nicht wirklich diese großen Mengen. Aber was sie lieben, ist: im Kopf Ordnung zu schaffen. Muster zu entdecken und diese fortzusetzen. Zusammenhänge finden und dieses Wissen woanders anzuwenden.


Wir alle machen das, nicht nur Kinder. Es liegt ganz einfach in der Natur des Menschen, in den Dingen nach Mustern und Strukturen, nach Ordnung und Logik zu suchen. Sei es die Sprache, die wir lernen, ein Ort, den wir erkunden, ein Rätsel oder eine Rechnung, die wir lösen wollen oder ein spannendes Thema, worüber wir gerade etwas erfahren. Unser Gehirn kann gar nicht anders, es muss zählen, es muss klassifizieren und es muss nach Zusammenhängen suchen und es liebt Herausforderungen. So orientiert es sich. So lernt es. Und nicht lernen kann es gar nicht. 

 


Maria Montessori nannte dies den "mathematischen Geist".  Sie war aber nicht die erste und die einzige, die dem Gehirn diese mathematische Fähigkeit von Geburt an zuschrieb. Neben dem französichen Mathematiker, Physiker und Philosoph Blaise Pascal, dem Kognitionspsychologen Brian Butterworth vom University College of London oder dem französischen Neurowissenschaftler Stanislas Dehaene hat es bereits viele andere Mathematiker, Wissenschaftler und Psychologen brennend interessiert, wie das mit unserem Gehirn und der Mathematik funktioniert. Durch jahrelange Forschungen haben Wissenschaftler sogar bewiesen, dass bereits Babys(!) in der Lage sind, Mengen bis 3 zu erfassen und sogar im Zahlenraum 3 addieren zu können, indem sie zB. Abbildungen mit 2 Objekten 2 Tönen zuordnen oder indem sie versteckte Gegenstände automatisch und unbewusst "mitzählen".


Unsere mathematische Fähigkeit ist also angeboren - und keine Geniefrage! Doch was dieser mathematischer Geist braucht, und was auch Montessori erkannte, ist: die Möglichkeit, sich zu entwickeln. Es ist leider ein weit verbreiteter Irrglaube, dass Kindern unter 5 Jahren die kognitive Fähigkeit fehlt, frühe mathematische Konzepte zu verstehen. Sogar die Bildungsstandards haben diese Denkweise festgelegt. Tatsächlich sollte der mathematischer Verstand, - eine zentrale Grundlage der menschlichen Intelligenz, - so früh wie möglich angeregt und entwickelt werden.


Was wir als Eltern tun können, abseits von Schulaufgaben

Als Mutter erlebe ich diesen mathematischen Geist bei meinen Kindern viel öfters und offensichtlicher, als in der Schule als Pädagogin bei anderen Kindern. Der Grund: der Alltag ist voll mit Mathematik. Ich wusste, damit ich als Pädagogin meiner Tochter helfen kann, mathematische Konzepte zu verstehen, musste ich ihr zunächst als ihre Mutter helfen, wieder Sinn hinter Mathe zu finden. Und das geht nicht durch Mathenachhilfe oder bestimmte Übungsbücher, nein, das geht nur durch das Erleben von Mathe im Alltag.



Wir beobachteten die Blüten an den Blumen, machten spannende Experimente, zählten die Stufen in 2-er Schritten (und dann in 3-er Schritten) und falteten immer neue Dekorationen aus Servietten für den Mittagstisch. Wir maßen mit dem Regenmesser die Menge des Regens, die fiel, und die Größen von Stoffen, aus denen wir für ihr Puppenhaus etwas nähten. Wir nutzen jede Gelegenheit, um ihr zu zeigen, dass Mathematik überall steckt, und machten sie darauf auch bewusst aufmerksam. "Die Hälfte der Hälfte ist nun ein Viertel geworden, schau mal!" - "So viele Stufen! Zählen wir sie? 3-6-9-12-15-18-21 und jetzt die Stufen wieder runter! 21-18-15..." - "Wie interessant, dass die Blüten eine genaue Anordnung haben, sieh mal! Es gab einmal einen Mathematiker namens Fibonacci..." - oder "100g Mehl, dazu kommen 75g Grieß, wie viel müsste nun die Waage zeigen?"


Den mathematichen Geist anzusprechen geht nämlich nicht nur durch Rechnungen auf Papier. Alles, was mit Ordnung, Struktur, Klassifikation und Quantifikation zu tun hat, spricht den mathematischen Geist an. Das Ablesen und Benutzen einer Landkarte (räumliche Orientierung), das Durchführen von spannenden Experimenten, das Bauen eines Modells, Falten von Servietten und das Abwiegen der Zutaten beim Backen - all diese Dinge sind Nahrung für diesen mathematischen Geist, lassen Mathematik zu einem Erlebnis werden - und all diese Dinge (und noch mehr!) sind zu Hasue jederzeit bereitliegend.


Was dieser mathematische Geist braucht (nicht nur aus der Sicht der Montessori-Pädagogik)

1. Die Hände!

Die Hände spielen bei diesem mathematischen Geist eine wesentliche Rolle! Dr. Montessori beobachtete, dass bereits sehr junge Kinder frühe mathematische Konzepte lernen, indem sie Gegenstände stapeln, sortieren und handhaben, während sie diese abzählen. Durch diese Manipulation von Gegenständen lernen sie Mengen, Reihenfolgen und Muster zu erkennen - die Grundlage mathematischer Prinzipien. Sie schrieb in ihrem Buch Das kreative Kind: der absorbierende Geist folgendes: "Die Entwicklung der Fähigkeit der Hand ist bei uns Menschen mit der Entwicklung der Intelligenz verbunden [...] Man könnte sagen, dass, wenn der Mensch denkt, er mit den Händen denkt und handelt." (S. 135, Freiburg im Breisgau 1972) 

 

Auch Brian Butterworth (University College of London) fand durch Studien eine enge Verbindung zwischen dem Gebrauch der Hände und dem mathematischen Lernen. Bei seiner Studie verglich er Menschen mit unterdurchschnittlichem mathematischen Können und Menschen mit Dyspraxie (eine neurobiologisch bedingte Störung der Motorik) und fand heraus, dass beide Gruppen etwas gemeinsam haben: beide hatten Schwierigkeiten, ihre Hände geschickt einzusetzen. 

 

Auch in der Welt der Zahlen ist es also immens, dass Kinder genug Erfahrungen durch Abzählen, Bündeln, Wegnehmen, Messen und Abschätzen mit ihren Händen sammeln können, sei es mit Montessori-Materialien, mit Lego® Bausteinen, mit einem Abakus, mit geometrischen Füllkörpern, durch Falten von Papier oder mit Abzählen der eigenen Finger.



2. Erlebnisse, die unter die Haut gehen!

"Lernen ist individuell, folgt subjektiven Bewertungen, muss emotional aufgeladen sein und erfolgt in einem sich selbst organisierenden Prozess. [...] Nur dann kann etwas gelernt und nachhaltig im Gehirn verankert werden, wenn es auch unter die Haut geht, wenn der Lernstoff für den Lernenden also bedeutsam, d. h. emotional aufgeladen ist." - so der Gehirnforscher Gerald Hüther. Etwas, was ich als Montessori-Pädagogin schon so oft bei Kindern erlebt habe.


Oft fragen mich "Montessori-Laien", wie es denn funktionieren kann, dass Kinder ohne Noten und Tests lernen wollen. Was motiviert sie denn dann? Und wie lernen sie, wenn sie nicht korrigiert werden? Ich wünschte, ich könnte all diese Menschen einfach mitnehmen und sie es selbst erleben lassen: Kinder wollen immer lernen! Aber lernen muss Spaß machen und Freude bereiten. Ja, es muss unter die Haut gehen! Die Welt (und auch die Welt der Zahlen) ist spannend, schön und interessant. Warum dann das den Kindern nicht mitgeben? Ja, manchmal bedeutet Mathe: Rechnen auf Papier. Aber sogar eine einfache Multiplikation kann interessant werden, wenn sie mal anders durchgeführt wird.


Was das Nicht-Korrigieren betrifft, ist es für viele schwer vorstellbar, wie dann Kinder aus ihren Fehlern lernen sollen, wenn sie nicht korrigiert werden. Dann frage ich mal: was hat Euch mehr ermutigt - wenn ihr immer wieder auf Eure Fehler aufmerksam gemacht wurdet mit der Erwartung, das nächste Mal keine zu machen, oder wenn ihr Eure Fehler selbst entdecken konntet und die Möglichkeit hattet, diese zu korrigieren? Montessori sagte dazu: "Lehrend lehren - nicht korrigierend!" und meinte damit genau das: Durch Korrekturen lernen Kinder, dass Fehler nicht erwünscht sind und lenkt ihren Fokus auf die Fehler. Durch die Möglichkeit, ihre Fehler selbst zu entdecken und zu korrigieren, lernen sie, dass Fehler menschlich sind und stärkt die Bereitschaft, Probleme zu lösen. Damit ihr eine Idee habt, was damit genau gemeint ist, hier einige Beispiele:

  • Wenn ein Kind ein Wort falsch sagt (Ich habe gefahren)  den Satz korrekt wiederholen (Ach, Du bist gefahren? Erzähl mal mehr!)
  • Wenn ein Kind ein Wort falsch schreibt (Paralelogram), mit ihm gemeinsam in einem Wörterbuch nachblättern (Ach, schau, mit einem doppel l und doppel m, Parallelogramm)
  • Wenn ein Kind eine Rechnung nicht korrekt durchführt (29-8=20), ihm die Möglichkeit geben, es auch mit Gegnständen, wie Muggelsteine o.Ä. selbst auszulegen (29-8= Ach, das sind dann 21!)



3. Mathe ist nicht nur ein Fach!

Mathematik ist viel mehr, als das Einmaleins in der Schule! Es hat mit unserem "Menschsein" zu tun, gehört zu unserem ältesten Kulturgut und hat daher eine lange Geschichte. Außerdem umgeben uns einfach überall Arithmetik und Geometrie! In der Anordnung der Schuppen der Kieferzapfen, bei der Frage, wann Ostern ist, beim Rückwärtseinparken oder das kompakt und platzsparende Einräumen einer Jausenbox.


Mathematik ist aber auch in Musik und Kunst, in der Geschichte und Geografie oder Handwerken. Und erst, wenn Kinder die Möglichkeit hatten, durch Geschichten und Forschen, durch Erleben und Ausprobieren diese Zusammenhänge zu erkennen, einen Überblick zu bekommen und zu staunen, werden sie Antworten auf die Frage bekommen: Wozu Mathe?


Es gibt mittlerweile so viele schöne Kinderbücher, die Mathematik im Alltag den Kindern näher bringen und auch solche, die über die Geschichte der Mathematik oder Mathematiker*innen erzählen. Auch durch gemeinsames Lesen solcher Bücher und dann darüber Gespräche zu führen kann immens dazu beitragen, dass Kinder eine positive Einstellung zur Welt der Zahlen bekommen.

 


4. Zusammen macht es einfach mehr Spaß! (Und auch mehr Sinn!)

Während meines Studium traf ich mich regelmäßig mit anderen Studenten, um gemeinsam zu lernen. Wir disskutierten über Wahrscheinlichkeiten, über Rechenwege und Kurven, was ich immer sehr bereichernd fand. Das war ein Schlüsselpunkt, wodurch ich motivierter war. Es heißt ja, dass "die Größe des Frontalhirns mit dem Sinn für Gemeinschaft einhergeht: Je größer das Stirnhirn einer Spezies ist, desto sozialer ist sie." (Susanne Donner) Wir Menschen sind eben sozial und denken zusammen effektiver. Wir lernen durch, mit und voneinander - wie könnte es dann bei Kindern anders sein? 


Besonders Schul-, aber auch Vorschulkinder lieben es, mit anderen Kindern gemeinsam etwas zu erforschen, ganz egal, ob es das Bauen eines Roboterarm aus Karton ist oder die Suche nach einer Rechenlösung. Gemeinsam zu forschen motiviert, stärkt und macht schlicht und einfach mehr Spaß!


5. Eine positive Haltung vorzuleben ist genauso wertvoll, wie Rechenstrategien zu üben!

Nicht nur vielen Kindern ist Mathematik als Fach ein rotes Tuch, es gibt auch viele Erwachsene, die diese Angst sogar im Erwachsenenalter nicht ablegen konnten. Studien haben jedoch gezeigt, dass Eltern, die ein negatives Gefühl gegenüber Rechnungen und Mathematik hegen, diese ihren Kindern durch gemeinsames Hausübungen-Erledigen mit hoher Wahrscheinlichkeit übertragen werden. Außerdem steigert es auch oft das Konfliktpotential, wenn dabei Rechenwege von Familienmitgliedern ganz anders zu erklären versucht werden. Da Rechnen lernen nun mal durch Rechenübungen geht, finde ich, ist eine Unterstützung durch einen Fachmann/frau sinnvoller. 

Dennoch möchte ich Euch ermutigen, den mathematischen Geist bei Euch selbst und auch bei Euren Kindern bewusster wahrzunehmen. Bereits von Anfang an! Es gibt nämlich eine ganze Reihe andere Dinge, die wir Kindern mitgeben können, die den mathematischen Geist nähren und Rechenkompetenze stärken. Hier einige Ideen:

 

  • Statt Rechenwege erklären versuchen, die Kinder uns erklären lassen, wie sie die Rechnung durchgeführt haben (oft entdecken sie beim Laut-Denken selbst einen Fehler oder ein Konzept).
  • Statt das Uhr-Ablesen mit Arbeitsblättern zu üben, die Uhr im Alltag oft gemeinsam ablesen. "Wie lange brauchst Du ca. für Deine Aufgabe? Wo stehen dann die Zeiger?" - "Um 9:00, also in 10 Minuten, sollten wir los!" - "Wie spät ist es jetzt? Lass es uns gemeinsam anschauen!" 
  • Gilt auch für Jahreszeiten, Wochentage und Monate (hier könnt ihr unseren Linear-Kalender kostenlos herunterladen)
  • Im Alltag mit Kindern gemeinsam Messinstrumente verwenden: Zollstock, Waage, Temperatur- sowie Regen-Messer oder Dezibel-Messgerät etc.
  • Die Kinder im Alltag bewusst auf Brüche aufmerksam machen: "Oh, Die Hälfte der Hälte ist ein Viertel vom Ganzen!"
  • Gemeinsam interessante Rätsel lösen
  • Gemeinsam Experimente durchführen (und Ergebnisse zeichnen, protokollieren)
  • Modelle bauen, Nähen, einen Garten anlegen und dabei messen, zählen, planen
  • Dinge in Alltagssituationen schätzen: "Wie schnell fährt dieses Auto?" - Wie lange ist dieser Weg?" - "Wie viel wiegt dieses Paket?"
  • Treppen steigen, dabei zählen (2 Stufen, 2-er Reihe, 3-Stufen, 3-er Reihe) und dann auch rückwärts.
  • Dinge nach ihren arithmetischen oder geomatrischen Eigenschaften benennen: "Da wäre ein 4x2-er Lego® Baustein und hier eine 4x8-er Platte passender."
  • Musikinstrumente lernen, Noten lesen
  • Statt Apps und Navis, bei Ausflügen Landkarten aus Papier verwenden und gemeinsam mit den Kindern "lesen"
  • Servietten / Papierflieger falten und dabei auch gerne Begriffe verwenden, wie Kante, Diagonale, Halbierende, Ecke...
  • Selbst Skizzen und Listen per Hand anfertigen (Kinder schauen uns bei allem, was wir im Alltag so machen, zu)
  • Gemeinsam mit den Kindern ein Taschengeld-Buch führen
  • Die Kinder darin stärken, ihre Projekte / Aufgaben bis zum Ende durchzuführen (und auch selbst ein Vorbild darin sein)
  • Sie darin stärken, strukturiert Aufgaben zu erledigen, sich einen Plan zu machen oder eine To-Do-Liste anfertigen, um diese Schritt-für-Schritt durchzugehen (und auch hier versuchen, ein Vorbild darin zu sein)
  • Sich selbst fragen: Wie gehe ich mit eigenen Fehlern um? Welche Fehlerkultur habe ich? Möchte ich darin ein Vorbild sein, keine Fehler zu machen oder darin, wie ich mit Fehlern konstruktiv und affirmativ umgehen kann?
     

Wenn wir darin Vorbilder sind, für andere Denkweisen und Lösungswege eine offene Haltung aufzuzeigen und Kinder weniger auf ihre Fehler, viel mehr auf die Schönheit der Welt (der Zahlen) aufmerksam machen, geben wir ihnen ein unglaublich wertvolles Geschenk in Bezug auf eine positive Einstellung zur Mathematik mit - jenseits von Rechenaufgaben.



Und zum Schluss noch einige Bücher-, Material- und Linktipps

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Noch mehr Büchertipps und Ideen:

  • In meinem Eltern Vom Mars - Shop findet ihr Bücher und Materialien zum Thema in einer extra Kategorie,
  • auf meinem Amazon-Storefront findet ihr eine lange Ideenliste mit passenden Büchern,
  • und hier rechts auf dem Blog in der Sidebar habe ich unsere allerliebsten Kinderbücher rund um den mathematischen Geist aufgelistet.

 

Nützliche Links und lesenswerte Texte zum Thema:


Text- und Bildrechte: © Anna Christina Jost