"Heute machst Du den Einkauf." sagte ich am Samstagvormittag zu ihr heiter. "Alleine!" und drückte ihr eine Einkaufstasche und einen Einkaufzettel, bestehend aus einigen Bildern, in die Hand. Sie studierte den Zettel mit den Fotos und lächelte. "Wirklich ich?" freute sie sich. "Ja, Du. Ich werde hinter Dir gehen und bei der Kassa bezahlen, aber den Einkauf kannst heute Du machen, wenn Du willst." - " Jaaa!"


Nachdem sie sich einen kleinen Einkaufswagen geholt hatte, ging sie zum Obstregal und suchte sich, wie auf ihrem Zettel stand, 3 Äpfel von einer Sorte aus. Zuesrt legte sie das Obst in ihren Wagen, dann holte sie sich auch noch ein Säckchen und pakte die Äpfel hinein.


Als sie das Säckchen Äpfel gut im Wagen verstaut hatte, hielte sie Ausschau nach Bananen, worauf sie auch ein wenig mit einer älteren Dame plauderte.


Ich versuchte, den Einkaufzettel so zu gestalten, dass sie alles, was sie besorgen sollte, auch erreichen konnte und weil in diesem Lebensmittelgeschäft das Obst und Gemüse auch bei der Kassa abgewogen wird.  Somit wäre es kein Problem gewesen, hätte sie dies hier nicht getan. Aber sie ging zur Waage, bat jedoch nicht mich um Hilfe um die Zahlen zu drücken, sondern die ältere Dame von vorhin.



Sie ging die Einkaufsliste der Reihe nach durch und suchte genau nach der Milchpackung, die auf ihrem Zettel abgebildet war.


Dann schob sie ihren kleinen Wagen hüpfend weiter zur Semmeltheke und schnappte sich die Zange. Sie nahm allerdings keine Tüte und merkte dies erst, als sie bereits eine Semmel in der Zange hatte. Ich stand nicht weit weg, aber sie schaute nicht nach hinten und auch ich hielt den Abstand und schwieg. Ich vertraute ihr und wollte, dass sie das auch weiß. Denn wenn sie weiß, dass ich ihr solche Aufgaben zutraue, dann glaubt sie auch an sich selbst und sieht, wozu sie fähig ist. Sie grübelte einige Sekunden, dann aber legte sie die Semmel einfach so in den Einkaufswagen und holte sich eine Papiertüte.


Ich ging ihr einfach stillschweigend hinterher und genoss es, sie dabei zu beobachten, wie sie den Einkauf erledigte. Manchmal verweilte sie vor den Regalen, begutachtete die Waren, manchmal blieb sie mitten im Flur stehen um anderen Kindern zuzuschauen.



Sie machte noch eine Runde zwischen den Regalen, bis sie auch die Nudeln, ein kleines Glas Honig und eine Packung Käse in ihrem Einkaufswagen hatte.


Dann ging sie zur Kassa und stellte sich in die Warteschlange und obwohl wir noch gar nicht an der Reihe waren, begrüßte sie die nette Kassiererin, die sie seit Jahren kennt, mit einem fröhlichen "Hallo!".


Es war eine wunderbare Erfahrung. Für sie und auch für mich. Auch wenn sie deswegen nicht gleich jeden Einkauf alleine erledigen wird, hatte sie an diesem Tag eine Aufgabe gemeistert, an der sie ein großes Stück wachsen konnte. Eine Aufgabe, bei der sie zu unserem Familienalltag beitragen durfte und die ihr das Gefühl gab, wichtig und fähig zu sein. Und sie trug die Tasche unglaublich stolz nach Hause.


Ihr absolutes Lieblingsbuch zurzeit: Kinder aus aller Welt von Anabel und Barnabas Kindersley. Das Buch bekam sie zu Weihnachten, seitdem wird so gut wie jeden Abend daraus vorgelesen. Kinder aus der ganzen Welt erzählen über ihren Alltag, wo und wie sie leben, was sie gerne essen und womit sie spielen. Julia liebt es, mehr über andere Kinder und Kulturen zu erfahren und verweilt gerne bei den wunderschönen Fotos. Dementsprechend kennt sie die Kinder aus dem Buch beinahe alle bei ihrem Namen.


Auch neu in ihrem Buchkorb: Wenn es regnet. Ein Sachbilderbuch über Heimische Tiere und was sie machen, wenn es zu regnen beginnt. Einige verstecken sich, andere zeigen sich erst dann und es gibt auch solche, denen die Tropfen kaum was ausmachen. Auf den Seiten des Buches gibt es sogar Klappfenster, um den Tieren aufzulauern, die sich einen Unterschlupf gesucht haben.


Ich liebe die Kinderbücher von Thomas Müller. Seine Illustrationen sind wunderschön und  detailgetreu und was ich besonders an seinen Bildern schätze, ist, dass sie nicht überladen sind. Auch seine Themen sind spannend gewählt, die Texte genau in passender Länge.


Diese Buchserie über unterschiedliche heimische Vögel, ist auch von Thomas Müller. Wir haben die Bücher über Störche, über Eulen und über Spatzen, das letzte Buch aus der Reihe über Schwalben steht aber auch bereits auf unserer Wunschliste.


Tanzen können auch die Steine von Hilde Heyduck-Huth. Dieses Buch fand ich noch vor einigen Monaten im Montessori-Shop und konnte es einfach nicht dortlassen. Einfache Reime über Gefühle, vom Allein- und Zusammensein, von Geborgenheit und des Sich-Ausgeschlossen-Fühlen. Ein wirklich wunderbares Bilderbuch um mit Kindern über ihre eigenen Erfahrungen, Erlebnisse und Gefühle zu sprechen. Zum Buch stellte ich auch einen kleinen Korb mit gesammelten Steinen hin, damit sie die Bilder beim gemeinsamen Lesen nachlegen kann.


Von diesen beiden CDs kennt sie alle Lieder in- und auswendig. Hol dir ein Gelb aus der Sonne von der bekannten Liedermacherin und Musikpädagogin Dorothée Kreuch-Jacob und In 80 Tönen um die Welt von Hartmut Höfele. Beide CD's sind fabelhaft, die ich wärmstens weiterempfehlen kann. Die Lieder von Dorothée Kreuch-Jacob sind mal fröhlich, mal witzig oder eben ganz einfach nur schön, Julias absoluter Favorit ist allerdings die CD über Lieder aus aller Welt wo einige Lieder sogar in Originalsprache und von Kindern gesungen werden.


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Ich war eine wundervolle Mama, bevor ich ein Kind hatte. Für meine Freunde, die darüber klagten, wie schwierig es manchmal sei auf die "Launen" ihrer Kinder zu reagieren, hatte ich immer einen  Tipp parat und wenn ich schreiende, wütende Kinder im Kaufhaus sah, war ich felsenfest davon überzeugt, dass ICH immer Herr der Lage sein würde. Bis ich eines Tages dann selbst Mama wurde.

Nun weiß ich, ich bin keine Ausnahme, denn genau dies ist auch mir schon passiert und an manchen Tagen wünschte ich, jemand hätte ein paar tolle Tipps für mich parat. Aber nach all den Jahren und durch Montessori habe ich verstanden, wie wichtig es ist, wie ich meinem Kind begegne, ganz besonders in seinen schwierigen Momenten. Nicht nur unsere Beziehung sondern auch (und vor allem) sein eigenes Selbstwertgefühl, sein Selbstbild wird durch die Art und Weise, wie ich auf sein Verhalten reagiere, enorm geprägt. 

"Jeden Tag fragen uns unsere Kinder auf hundert kleine Arten: Kannst Du mich sehen? Hörst Du mich? Bin ich wichtig? Ihr Verhalten spiegelt oft unsere Antwort." (L. R. Knost)


"Ich will nicht zu Dir! Ich mag Dich nicht mehr!" sagte sie zu mir als ich sie in der Garderobe vom Kinderhaus antraf um sie abzuholen. Sie schaute mich wütend an, während ihr große Tränen über das Gesicht rollten und sagte noch einmal etwas lauter "Ich mag Dich nicht!".

Ich war zwar auf eine andere Begrüßung eingestellt, aber statt sie vom Weinen abzuhalten bzw. ihre Aussage persönlich zu nehmen, sie von diesen unangenehmen Gefühlen abzulenken, vertrösten, bagatellisieren oder gar wegzudiskutieren, hockte ich mich einfach zu ihr nieder um ihr auf Augenhöhe zu begegnen und sagte ganz einfach: "Es hört sich für mich so an, als wärst Du ganz enttäuscht." Sie schaute traurig in meine Augen und blickte dann zu der Kindergruppe hinüber, die gerade in den Garten marschierte. "Ich wollte auch mitgehen." kam es endlich heraus. Sie war enttäuscht. Sie freute sich auf das Schaukeln und das Spielen mit den Kindern und ausgerechnet dann kam ich. Ich umarmte sie und wir einigten uns, dass ich noch ein wenig auf sie warten kann und sie lief überglücklich hinaus zu den anderen Kindern.


Mein Fazit aus den letzten Jahren bezüglich der Gefühle meines Kindes ist folgendes:  1. Hinter jedem Verhalten steckt ein Gefühl. 2. Statt mich über das Verhalten meines Kindes zu ärgern, richte ich mein Augenmerk lieber auf das Gefühl dahinter. 3. Damit es meinem Kind gut geht, muss ich ihm gewiss nicht all seine Wünsche erfüllen und ebenso wenig kann ich es vor unangenehmen Gefühlen bewahren. Allerdings kann ich all seine Gefühle akzeptieren und ihm versichern, dass es okay ist, solche zu haben. 

"Jedes Kind, in jeder Situation ist würdig geliebt und respektiert zu werden." (Ariadne Brill)

Es gibt aber genug Momente im Alltag, die enorme Überwindung kosten um geduldig zu bleiben. Gerade gestern, als wir zu zweit im Kaufhaus waren um Zubehör für ihr Faschingskostüm zu besorgen, stellte sie meine Geduld erneut auf die Probe.

Wir spazierten zwischen den Regalen umher, um nach Bastelmaterial Ausschau zu halten als sie voller Freude aufschrie "Schau, Mama! Kerzen! Ich will solche Kerzen haben!" - "Heute lassen wir die Kerzen da, die merken wir uns lieber für Deinen Geburtstag." - "Schau! Luffis! Ich will die Luffis haben!" - "Ich weiß, wie sehr Du Luffis magst. Auch die können wir für Deinen Geburtstag vormerken." - "Oh, Sticker! Die Sticker will ich haben!" - und da spürte ich die Spannung in mir bereits aufsteigen. "Julia, wir suchen Filzstoff für Dein Kostüm. Heute lassen wir auch die Sticker da." sagte ich zwar leise, aber sie merkte die Unruhe in meiner Stimme und runzelte ihre Stirn. Ihre miese Stimmung hielt an, bis wir bezahlt und das Geschäft verlassen hatten, erst dann fing sie an, laut zu weinen.


In diesem Moment wurde mir klar, es war keine gute Idee, an diesem Tag mit ihr ins Kaufhaus zu fahren. Ich hätte das Zubehör für ihr Kostüm alleine besorgen sollen. Aber wir waren nun mal dort und sie brüllte. Da holte ich erst einmal tief Luft um Kraft zu sammeln. Ich wusste, es ist besser in diesem Moment nichts zu sagen. Ich wusste auch, einen Wutanfall in aller Öffentlichkeit klären zu wollen, macht absolut keinen Sinn. Also nahm ich ihre Hand, führte sie an einen ruhigeren Platz, nahm sie fest in meinen Arm und als sie sich beruhigt hatte, konnten wir in aller Ruhe miteinander reden. 

Ja, auch meine Tochter ist mal mürrisch, mal verärgert, mal frustriert oder auch aufgewühlt, weshalb sie uns Eltern, ganz besonders in diesen Momenten brauchen um sie zu "halten", sie anzunehmen, ihr zu vergeben, sie zu ermutigen, ihr den Weg zu weisen und das Gefühl zu geben, sie bedingungslos zu lieben. Jeden Tag.

"Die Art, wie wir mit Kindern sprechen, wird ihre innere Stimme." (Peggy O'Mara) 

Manche Konfrontationen lassen sich in unserem Alltag nicht vermeiden. Jedoch kann ich ihr ein Vorbild dafür sein, wie sie diese gewaltfrei lösen kann. Die Art, wie ich heute mit ihr rede, wirkt sich nicht nur darauf aus, wie sie anderen Menschen begegnet, sondern auch darauf, wie sie sich selbst sieht. Es sind oft nur kleine Unterschiede in der Kommunikation, die vieles bewirken können, die entscheidend sind und durch welche sich so manch unnötiger Konflikt oft sogar vermeiden lassen kann.



Durch positive Sätze wie "Bleib bei mir!" statt "Lauf nicht weg!" oder "Zeichne auf das Papier!" statt "Zeichne nicht auf dem Tisch!" richte ich ihre Aufmerksamkeit nicht auf das, wovon ich sie eigentlich abhalten versuche, sondern gebe ihr gleich eine Alternative, was sie statt dem unerwünschten Verhalten tun kann bzw. wozu die Sachen benutzt werden können. So entstehen nicht nur weniger Reibereien, auch sie bekommt nicht das Gefühl, ständig etwas falsch zu machen.

Durch ein freundliches "Lass uns gehen!" statt ein genervtes "Komm endlich!" und ein vertrauensvolles "Du kannst Dich jetzt anziehen!" statt ein vorwurfsvolles "Trödel nicht!" lade ich sie ein, mit mir zu kooperieren und zeige zugleich, wie man anderen Menschen respektvoll begegnet.

Durch Ich-Botschaften, wie "MIR ist es zu laut!" oder "ICH höre sowas nicht gerne. Wenn Du wegen etwas wütend auf mich bist, sage es mir anders." sowie "MICH stört es, wenn ich einen Satz nicht beenden kann!" helfe ich ihr zu verstehen, dass es okay ist eigene Bedürfnisse und Grenzen aufzuzeigen und dass dies auch geht, ohne dabei andere zu kränken.

"Elternsein hat nichts mit Perfektion zu tun. Perfektion ist gar nicht einmal das Ziel, nicht für uns, nicht für unsere Kinder ..." 

An manchen Abenden, wenn ich an den Tag zurückdenke, lassen mich Gedanken, wie "Hätte ich ihr nur dieses und jenes nicht gesagt. Warum konnte ich das nicht einfach lassen? " nicht los und ich grübele, wie es wohl anders gelaufen wäre, hätte ich mich anders verhalten. Aber ich weiß, indem ich mir diese Fragen stelle, wachse ich als Mensch ein Stück weiter und gebe dem Morgen bereits eine neue Chance, es beim nächsten Mal besser zu machen.


"...Gemeinsam lernen, um in einer unvollkommenen Welt gut zu leben, trotz oder gerade wegen unserer Unvollkommenheit einander zu lieben, und als Mensch zu wachsen, während unsere kleinen Menschen heranwachsen, das sind die Ziele einer einfühlsamen Erziehung. 
Frage Dich also am Ende eines Tages nicht, ob Du alles richtig gemacht hast. Frage Dich, was Du dabei gelernt hast und WIE SEHR DU GELIEBT HAST, und dann wachse mit der Antwort." (L. R. Knost)