28.11.2013

Spielen ist die Arbeit des Kindes


Heute bin ich etwas tiefer in meinen Gedanken versunken. Ja, heute bin ich so richtig philosophisch drauf. Jedes Mal wenn ich einen Beitrag verfassen möchte, verfalle ich in ein Dilemma mit mir selbst: "Spiel" oder "Arbeit"? Tut Julia spielen oder arbeiten, wenn sie sich in eine Tätigkeit vertieft? Macht es wirklich einen Unterschied? Und wenn ja, welchen?

Arbeiten.
Bei diesem Wort fiel mir nie viel positives ein. Arbeit war für mich immer mit Anstrengung und Pflicht verbunden. Es liegt wahrscheinlich an unserer Gesellschaft, dass "Arbeit" nicht unbedingt ein positives Gefühl hervorruft. Beim Wort bekam ich sofort ein Bild und ein mulmiges Gefühl, mir fielen gleich dazu die Wörter "Zwang" und "Pflicht" ein. Etwas, was ich kaum machen würde, wenn ich es nicht unbedingt müsste. Arbeit. Etwas, was schlicht und einfach gemacht werden muss.So oder so.

Und spielen? Was ist mit spielen? Ist es einfach ein netter Zeitvertreib oder bedeutet Spielen erforschen und lernen, experimentieren und üben? Aber ist es dann noch ein Spiel? Denn: Ist das Spiel ernst zu nehmen oder ist spielen eben nur ein Spiel? Man kann ja Fußball spielen, ein Gesellschaftsspiel spielen, so tun, als würde man etwas machen, also Schauspielen oder Rollenspielen. Aber tun Kinder wirklich so oft spielen, wie wir es glauben?


"...Unterscheidet die Natur zwischen Arbeit, Spiel, Beschäftigung und dem Rest? Beobachten Sie doch die ununterbrochend fließenden Bäche oder die wachsenden Bäume. Die Brandungen der Ozeane, die permanente Bewegung der Erde, der Planeten, der Sonne und Sterne. All diese Schöpfungen leben, sind in Bewegung, sie arbeiten. Was ist mit unserem Herz, unserer Lunge und unserem Blutkreislauf die pausenlos arbeiten, von unserer Geburt an bis zu unserem Tod. Fragen diese etwa nach einer Pause? Nicht einmal wenn wir schlafen sind sie inaktiv. Was ist mit unserem Geist, der ununterbrochen arbeitet während wir schlafen oder wach sind." - Dr. Maria Montessori, 'Child’s Instinct to Work', AMI Communications 

Ich nahm mir die Freiheit das Zitat von Montessori zu übersetzen, da ich es auch nach langer Recherche auf Deutsch nicht finden konnte. Das Zitat ist so schön, so passend, so wahr!
Denn ist es nicht so, dass Kinder gar nicht so oft spielen, sondern das, was sie machen sogar sehr ernst machen? Ich meine, sie arbeiten ja unermüdlich an etwas, einen Deckel aufzuschrauben, Schubladen rauszuziehen, sie arbeiten ständig an ihrer Entwicklung und daran, ihre Fähigkeiten zu verbessern. Sie versuchen Zusammenhänge zu verstehen, die Welt zu verstehen  indem sie probieren und üben. Und das ist alles, nur kein Spiel für sie. Oder? Nichts, was sie tun, tun sie ohne Zweck. Das Kind erforscht, übt, schafft und entdeckt. Es arbeitet pausenlos daran, selbstständig zu werden, es genau so zu machen, wie die Großen.

Ich fand dieses Thema, über das ich vor kurzem im Buch Das kreative Kind von Maria Montessori las, unglaublich interessant. Und noch immer aktuell. Mehr denn je!

"In Europa und in Amerika, wo die stetige Dynamik der Zivilisation die Menschheit immer mehr von der Natur entfernt hat, bietet die Gesellschaft dem Kind, um seine Bedürfnis nach Tätigkeit zu entsprechen, eine Unzahl von Spielzeugen, anstatt ihm die Mittel zu Verfügung zu stellen, die seine Intelligenz anregen. In diesem Alter (Kleinkindalter) neigt das Kind dazu alles anzufassen, während die Erwachsenen es nur wenige Dinge berühren lassen und es ihm bei vielen verbieten.
...
In den Ländern, in denen die Spielwarenindustrie nicht so fortgeschritten ist, sind die Kinder ganz anders: sie sind ruhiger, gesünder und fröhlicher. Sie inspirieren sich an den Aktivitäten aus ihrer Umgebung. Es sind normale Wesen, die die Gegenstände, die von den Erwachsenen benutzt werden, anfassen und verwenden." - Maria Montessori: Das kreative Kind
 

Oder vielleicht sollte man das Spiel bei Kindern doch als Spiel bezeichnen, allerdings sehr wohl ernst nehmen und keineswegs unterschätzen. Denn Spielen ist die "Arbeit" des Kindes an sich selbst. Was meint ihr?

"Spielen ist eine Tätigkeit, die man gar nicht ernst genug nehmen kann." - Jacques-Yves Cousteau

"Spiel ist nicht Spielerei, es hat hohen Ernst und tiefe Bedeutung." - Friedrich Fröbel

"Wenn Kinder eine Arbeit so gesammelt ausgeführt haben, scheinen sie immer ausgeruht und innerlich gestärkt zu sein. Es ist, als ob für die Kräfte, die in ihrer Seele ruhten, ein Weg frei geworden wäre, ihre besten Seiten kommen zum Vorschein." - Maria Montessori

2 Kommentare

  1. Dazu fällt mir ein Erlebnis mit meinem Sohn 2 1/2 ein, er hat vor ein paar Tagen gesagt ich arbeite ich Arbeit und dann sein ferngesteuerte Auto geholt und danach immer noch mit dem: ich arbeite, seine Spielzeugkiste hervorgeholt. :)
    Lieber Gruss von einer stillen Leserin
    Eetje

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  2. Ich glaube tatsächlich, andersrum wird ein Schuh draus -- vielleicht ist es nicht so sehr, dass Du eine negative Einstellung dem Wort Arbeit gegenüber hast, sondern "Spielen" bei Dir negativ belegt ist?

    Ich bin insgesamt ein bisschen gespalten: einerseits ist es natürlich so, dass insbesondere Kinder bei ihrem Spiel viele wichtige Lernprozesse durchlaufen, seien sie nun kognitiv, motorisch oder sozial...

    Andererseits finde ich es aber auch immens wichtig, die Kinder einfach nur mal... spielen zu lassen, und zwar rein der puren Lust an der Freude wegen!

    Denn dieses einfach in einer Sache versinken können -- aus keinem anderem Grund als einfach nur "weil" -- ist eine Form des Glücks, der wir als Erwachsene später immer nur hinterher rennen (wenn wir sie denn überhaupt noch kennen).

    Ich finde auch, dass Kinder ein Recht darauf haben, dass man nicht immer aus jeder Spielsituation versucht, irgendeinen Nutzen herauszuziehen bzw. Spielsituationen schafft, die den meistmöglichen Lernprozess erzielen können.

    Ich glaube, wenn man sich _zu_ viele Gedanken macht und die Kinder damit quasi unter permanente Beobachtung stellt, tut man ihnen auch keinen Gefallen.

    LG,
    Corinna

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