23.07.2017

Wenn Großeltern nicht den Montessori-Weg gehen


Neulich verbrachte Julia einige Tage bei ihren Großeltern am Land. Sie liebt es, dort zu sein, denn für sie ist es wie Urlaub, wo sie rund um die Uhr verwöhnt wird. Bei Oma und Opa gibt es kein Spielregal und auch die Spielsachen sind wesentlich anders als hier Zuhause. Zudem werden ihr dort am Tag 5-6 Bücher vorgelesen (nicht wie Zuhause, wo wir für mehr als 3 Bücher am Tag einfach selten Zeit haben) und sie bekommt Lob in Hülle und Fülle. Bei den Großeltern ist es eben anders als Zuhause. Aber das ist okay. 

Als die Großfamilie von unserem Montessori-Weg erfuhr, war sie sehr skeptisch, so dass es recht schwer war, darüber zu reden. Es war für sie nicht nachvollziehbar, warum wir beschlossen, auf das Lob zu verzichten und warum wir Julia so gut wie nie den Fernseher einschalten. Seitdem sind viele Jahre vergangen und da Julias unglaubliche Lebensfreude, ihre Selbstständigkeit und ihr ganzes Wesen für sich sprechen, werden all diese Themen in der Familie nicht mehr in Frage gestellt. Sie wird zwar von Oma und Opa oft gelobt, kommt dort manchmal um einiges später ins Bett und bekommt auch mehr Süßigkeiten, als Zuhause, aber sie hat liebende Großeltern, was mir so viel wichtiger ist.

Was Julia selbst betrifft, so machte ich mir früher Sorgen, dass es sie verwirren würde, wenn sie unterschiedlichen Umgang innerhalb der Familie erfährt. Als sie jünger war, merkte ich tatsächlich, dass sie 1-2 Tage gebraucht hat, um Zuhause wieder in die Routine zu finden. Heute mache ich mir keine Sorgen mehr, denn ich sehe, je älter sie wird, umso besser kann sie damit umgehen. Außerdem verstehe ich jetzt auch, wie wertvoll eine gute Beziehung zwischen uns Eltern und ihr ist, denn umso leichter können wir sie loslassen. Und es ist für sie doch eine Bereicherung, auch etwas anderes erfahren zu dürfen, zu anderen Menschen in der Familie eine vertrauensvolle Beziehung aufbauen zu können.

Seit ich mich unter tragischen Umständen von meiner wunderbaren Mama verabschieden musste, sehe ich das ganze sowieso ganz anders und bin letztendlich unglaublich dankbar dafür, dass meine Kinder überhaupt noch Großeltern haben. Vor allem solche, die sie so sehr lieben.

7 Kommentare

  1. Schön geschrieben. Könntest du mir das mit dem Vorlesen (5-6 Bücher pro Tag) noch mal näher erläutern? Und deine Gedanken dazu. Unsere Große (3 1/2) bekommt von mir viel vorgelesen. Und wir genießen beide diese Zeit sehr.

    AntwortenLöschen
  2. Hallo, ja, wirklich ein guter Artikel! Aber ich frage mich gerade auch, was am vorlesen nicht gut sein soll...
    Lg, Daniela

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. ......äääähm!.?!... - ihr beiden... - stand hier JEMALS IRGENDWO, dass am Vorlesen irgendwas nicht gut sein soll?? Ich denke Anna LIEBT Bücher ebenso wie Julia und wie zum Glück SEHR VIELE von uns... Aber in einem " normalen Alltag" (-bei uns mit 7Personenhaushalt wahrscheinlich sowieso noch ein wenig extremer...) geht es sich beim besten Willen einfach oft nicht aus, soviel wie es toll und lustig wäre, vorzulesen...
      Somit bleibt es dann halt bei 1, 2 oder 3 Büchern und nur an "besonderen Tagen" (-siehe auch Annas supertollen Adventkalender, wo es dann mal an einem Tag den "8BücherVorlesenGutschein" gibt) geht es sich aus mehr Bücher gemeinsam zu genießen...

      Habt noch viel Freude mit euren Büchern :)
      Viele liebe Grüße
      Katrin

      Löschen
  3. Wir lesen Julia jeden Tag Bücher vor, aber uns fehlt schlicht und einfach die Zeit, ihr am Tag 5-6 Bücher vorlesen zu können. Sie würde am liebsten gleich 10 vorgelesen bekommen und Oma und Opa haben eben auch die Zeit dafür. Das finde ich klasse! :)

    AntwortenLöschen
  4. Schöner Text, ich bin auch unglaublich dankbar für meine Eltern und ihren Umgang mit meiner Tochter. Meine Cousine hat vor Jahren den Kontakt zu ihren Eltern komplett abgebrochen, ihre Kinder erinnern sich kaum noch an Oma und Opa. Der Grund war das Ignorieren ihrer Vorschriften in der Zeit, die die Kinder bei den Großeltern verbrachten. Sie erzieht ihre Kinder komplett zuckerfrei, jedoch gab es bei Oma und Opa viel Zucker, teilweise extrem provokativ und mit Absicht effektheischend vor ihren Augen verabreicht, was immer zu großem Streit führte. Ich fand es traurig, dass meine Cousine da nicht ein klein wenig locker lassen konnte (zumal die Kinder insgesamt wenig Zeit dort verbrachten und der "Schaden" somit klein gewesen wäre) aber umso schrecklicher finde ich, dass ihre Eltern da voll auf Konfrontation und Provokation gegangen sind, die Beziehung ist daran zerbrochen. Ein respektvoller Umgang beiderseits und das Eingehen von Kompromissen ist bei unterschiedlichen Erziehungsvorstellungen extrem wichtig. Dieses Thema ist auch immer wieder aktuell bei Scheidungsfamilien - mein Mann hatte ähnliche Probleme mit seiner Exfrau nach der Scheidung, die beiden konnten die Differenzen diesbezüglich aber immer wie Erwachsene regeln und meine Stiefsöhne kamen wunderbar mit den zwei verschiedenen Welten und Regeln zurecht. Lg, Theresa

    AntwortenLöschen
  5. Ich bin ein großer Fan der Montessori-Pädagogik, auch wenn ich sie leider nicht zu 100% umsetzen kann und will. Ich bin unglaublich beeindruckt, wenn Eltern neue Wege gehen und sich nicht von ihrer Umwelt beeinflussen lassen. Nur weiter so!
    Genieße deinen Tag!
    Natalie Weigel

    AntwortenLöschen
  6. Liebe Anna. Danke auch für diesen wertvollen Beitrag von dir. Ich glaube das geht nur mit einer großen Portion Vertrauen und Gelassenheit zu den Großeltern. Wie wertvoll für ein Kind mit Oma und Opa aufzuwachsen.
    Ganz liebe Grüße
    Lena

    AntwortenLöschen

(Wenn Du auf meinem Blog kommentierst, werden die von Dir eingegebenen Formulardaten [und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. Deine IP-Adresse] an Google-Server übermittelt. Mehr Infos dazu findest Du in meiner Datenschutzerklärung und in der Datenschutzerklärung von Google.)