31.03.2013

Es geschieht von ganz alleine


Mittlerweile ist es schon ein Jour fixe, dass ich mich einmal in der Woche guten (Mami)Freunden und ihren Zwergen, die ich vor gut einem halben Jahr bei einem Baby-Club kennengelernt habe, treffe.

Bei einer unsren Treffen bemerkte ich, wie die kleine Elena (15 Monate alt, Töchterchen von Mama Kathi) mit einem kleinen Löffel ihre Obstjause ganz alleine auslöffelte. Ohne dabei zu klecksen! Als sie fertig war, reichte ihr ihre Mutter ein Taschentuch hin, sie nahm es, wischte sich den Mund ab und legte es neben den Löffel hin. Ich zögerte gar nicht lange und rückte zu Kathi näher um sie sofort mit Fragen zu bombardieren.

Die Geschichte, die sie mir erzählte hat mir so gut gefallen, dass ich ihr gleich am nächsten Abend eine E-Mail zuschickte (konnte nicht bis nächste Woche warten!) mit der Bitte, mir ein kleines Interview darüber zu geben. Dabei stellte ich ähnliche Fragen, wie damals, als wir darüber sprachen:

"Kathi, Elena isst ja schon ganz alleine mit dem Löffel! Wie hat die Kleine denn das gelernt? Hast Du ihr dabei geholfen?"

"Eigentlich hat mir Elena gezeigt, dass sie bereit war selbst mit dem Löffel zu essen. Sie wollte stets meinen und so gab ich nach, gab ihr einen Löffel und holte einen zweiten. Mit ihrem Löffel hat sie in der Schüssel umgerührt, Brei auf dem Tisch verteilt und immer wieder versucht den Brei auch Richtung Mund zu befördern. Nebenbei hab ich sie mit dem zweiten Löffel gefüttert, damit das Kind auch satt wurde. :-)

Im weiteren Lernverlauf gab es Situationen, wo ich gar nicht helfen durfte und sie alles alleine machen wollte und immer noch will und irgendwie hat sie es auch dann geschafft ihre Schüssel mit Brei alleine auszulöffen. Da war sie natürlich sehr stolz.

Sie hält den Löffel so wie wir Erwachsenen und meistens mit ihrer rechten Hand. Beides hab ich ihr nicht bewusst gezeigt. Wahrscheinlich hat sie einfach kopiert, so wie viele andere Handlungsabläufe auch."

"Die Patzerei am Anfang…hat Dich das nicht gestört?"

"Natürlich hat Elena den Löffel in der ersten Phase dazu benutzt, um den Brei in sehr effektiver Weise aus ihrer Schüssel zu befördern und ihn dann auf dem Tisch möglichst großflächig aufzutragen. Zu Beginn habe ich das auch zugelassen. Ich hab sie gefüttert und mit einem kleinen Rest des Essens durfte sie dann auch spielen. Somit konnte ich das Chaos danach zumindest mengenmäßig reduzieren. Ein Lätzchen mit langen Ärmeln war ebenfalls recht hilfreich. Mit der Zeit hat sie von selbst aufgehört mit dem Brei herumzuexperimentieren."

"Das wollt ich Dich schon bei unserem letzten Treffen fragen: Habt Ihr so etwas wie ein 'Essritual'?"

"Wir haben kein in der Literatur begründetes Ritual. Meistens schaut mir Elena beim Herrichten und Kochen zu. Sie sitzt in ihrem Hochstuhl, ich zieh ihr ein Lätzchen an (was sie im Moment als sehr überflüssig empfindet und mit lautstarkem Protest unterstreicht), sie bekommt ihren Löffel und ihren Trinkbecher und los kann es gehen. Ich sitz dann entweder bei ihr und seh ihr zu und helfe das eine oder andere mal oder mache nebenbei Küchensachen. Zeit und Muße für gemeinsames Essen mit den Eltern gibts bei uns am Wochenende. Unter der Woche isst zuerst Elena und ich dann später in Ruhe wenn sie schläft. Gemeinsames Essen stresst mich im Moment, da sie permanent Essen von meinem Teller möchte und ihres nicht mehr beachtet. Wenn sie mit dem Essen fertig ist, legt sie den Löffel und die gebrauchte Serviette in die Schüssel und gibt mir alles in die Hand zum Abservieren. Somit ist das Essen vorbei. Sie zeigt mir, dass sie keinen Hunger mehr hat und sie bereit für den nächsten Programmpunkt ist." 

"Und den Umgang mit der Serviette? Hast Du es ihr gezeigt?"

"Ich glaube den Umang mit der Serviette hat sie sich ebenfalls von den Eltern abgeschaut. Am Esstisch steht bei uns eine Tissuebox. Diese Taschentücher kommen bei mir fast inflationär in Verwendung und daher musste ich auch lachen als Elena damit begann eines aus der Box zu ziehen und den Tisch so wie ich abwischte. Die Taschentücher sind bei uns auch als Servietten im Einsatz und ich hab ihr damit auch immer den Mund und die Finger abgewischt und eines Tages hat sie auch selbst damit begonnen das von alleine zu tun. Hab sie dabei immer gelobt und gesagt wie toll sie das macht. Das hat sie wahrscheinlich motiviert es weiter zu tun und zu üben."


Kathi erzieht ihre Tochter nicht nach Montessori. Sie handelt von ihren Instinkten geleitet. Ja, diesen Grundgedanken hat auch Montessori, sich vom Kind leiten lassen, aber man sieht, man muss dazu gar nicht unbedingt nach Montessori handeln, es reicht, wenn man das Kind beobachtet, versteht und respektiert ;)

5 Kommentare

  1. Hey Anna,

    Schönes Interview aus dem echten Leben. :D

    Ich möchte den Erfolg deiner Freundin nicht schmälern, aber ist es nicht normal, dass ein Kind mit 15 Monaten mit dem Löffel essen kann? Ich kenne sogar ein Kind, dass diese Kunst schon mit 12 Monaten beherrschte. Aber Kinder sind ja bekanntlich sehr verschieden.

    Lg
    Isa

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  2. Ja, stimmt, dass einige Kinder bereits mit einem Jahr mit dem Löffel essen können, ist gar nicht so ungewöhnlich. Es geht mir vielmehr darum, dass nicht jedes Kind seine Entwicklungsstufen zur gleichen Zeit durchlebt und wie schön das funktioniert, wenn man sich von seinem Kind leiten lässt (Montessori hin oder her...).
    LG,
    Anna

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    1. Da stimme ich Isa zu. Ich weiß noch wie verwundert viele Mütter waren, als Lotte mit 6. Monaten selbst aus einem Trinklernbecher getrunken hat (nicht etwas aus einem Glas o.ä.) - alle haben mich verzweifelt gefragt, wie ich das gemacht habe, nur um dann wenige Wochen später zu merken, dass ihre Kinder es einfach zu "ihrer" Zeit gelernt haben.
      Als Lotte noch kleiner war, habe ich auch viel darüber nachgedacht, wie wir ihr bestimmte Dinge beibringen sollen - Mund abwischen, an der Hand gehen, Gläser vorsichtig abstellen, nichts auszuschütten, ... und mittlerweile durfte ich lernen, dass Kinder so einen unglaublichen Wissensdurst haben, dass sie eigentlich alles im Alleingang machen, wenn man sie nur lässt. Und wenn man ihnen die Zeit gibt und eingesteht auch "Fehler" und Schmutz zu machen.

      Ich finde es toll, wie dein Interview Eltern ermutigt, auf ihre Intuition zu vertrauen; im Zeitalter der Überratgeber, Elternzeitschriften und klinischen Studien zu fast jedem Anlass, verfallen zumindest wir manchmal wirklich in den Glauben alles kontrollieren und vorgeben zu müssen. Ich wünsche Eltern einfach mehr Gelassenheit und Zeit!

      Liebe Grüße
      Saskia

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  3. Liebe Anna,
    das Interview ist sehr gut geworden! Mit 15 Monaten mit Löffel alleine essen zu können find ich toll! Ich glaube nicht, dass das so alltäglich ist.....habe es bei meinen drei Sprösslingen zumindest so beobachtet. Der eine war früher, der andere später so weit. Ich muss zugeben, bei uns durften die Kids auch mit der Hand kreativ beim Esstisch sein ;) Montessori hin oder her ;)
    Bussi, Kinga

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  4. Liebe Anna, sehr schön. Wir haben das große Mädchen auch recht früh allein mit Löffel und Kindergabel ausprobieren und essen lassen, sie ist im März zwei Jahre alt geworden und selbst heute geht noch mal etwas daneben. Ich finde das nicht tragisch, weiß aber, dass gerade ältere Menschen damit ein Problem haben (denn wir verbieten ihr das "Alleine-Essen" auch im Restaurant nicht und da kamen in der Anfangszeit schon mal entsetzte Blicke ;) ). Was ich nicht akzeptiere, ist, wenn sie absichtklich kleckert, sprich, mit dem Essen spielt, das wird unterbunden.
    Schöner Bericht.

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