26.10.2013

Der 4. offene Brief an Montessori


Liebe Frau Montessori!
"Kinder sind Gäste ..."

sagten Sie eins so schön. Gäste die eines Tages, wie durch ein Wunder, aus dem Nichts zu uns kamen. Und unser Leben veränderten. „Unsere“ Kinder gehören aber nicht uns, sie sind nicht unser Eigentum. Sie sind eben auf der Durchreise, und eines Tages möchten sie auch weitergehen.
Kinder sind Gäste...
Aber keine üblichen Gäste. Sie sind Gäste, die unseren Kleiderschrank ausräumen, Gäste, die unsere Couch mit Filzstift anmalen, die das Butterbrot auf den Boden schmeißen, die Löcher in unseren Vorhang bohren und die Seiten in unseren Büchern anmalen und wenn wir weniger Glück haben, sogar ausreißen. 
Gäste, die mit uns zusammenleben.
Die unser Leben verändern.
Uns verändern.
Und dann auf ihrem igenen Weg gehen.

"... Gäste, die nach dem Weg fragen."

Durch Sie, Frau Montessori, habe ich gelernt ein Kind mit anderen Augen zu sehen. Es zu verstehen. Warum es zu Weinen anfängt, wenn ich ihm statt der roten die lila Jacke anziehen möchte. Warum es so oft stehen bleibt wenn wir spazieren gehen. Warum es unermüdlich daran arbeitet, alles was es bei anderen sieht, auch (nach) zu machen und zwar alleine. Sie haben mir all dies zum Verstehen gegeben und mir dadurch mehr Geduld gelehrt.
Kinder kommen zu uns, damit wir ihnen den Weg weisen, bevor sie gehen. Sie wollen nicht nur wissen, wie sie ihre Hosen anziehen sollen oder Fahrrad fahren sollen. Sie wollen nicht nur wissen, wie sie sich körperlich dieser Welt anpassen können, sie wollen auch lernen zu fühlen. Gefühle zu zulassen und zu zeigen. Denn diese gehören zum Sein. Ohne diese wären wir nur ein Schatten unseres Selbst. Und manchmal ist man wütend, manchmal überglücklich, manchmal hat man eben einen schlechten Tag und ja, manchmal fühlt man sich von anderen genervt.

Und wir können ihnen zeigen, dass man wütend sein kann ohne dabei jemanden körperlich weh zu tun. Dass man sich entschuldigen kann, wenn man jemanden verletzt und dass man einander auch trösten, helfen und aufheitern kann, wenn der andere das braucht. Und dass man auch ruhig nein sagen kann, wenn man etwas nicht will. Zeigen, wie man miteinander und mit Gefühlen zusammenleben kann so, dass dabei niemand seine Würde und Freiheit verliert. Wir sind ihre Vorbilder in Allem was wir tun und sagen. Auch in dem, dass man selbst die Verantwortung für seine eigenen Gefühle trägt.

So verstehe ich Ihre Worte und habe diesen Satz sehr in mein Herz geschlossen. Kinder sind auf der Durchreise, sie sind unsere Gäste die uns nach dem Weg zu ihrem Glück und ihrer Freiheit fragen. Und es liegt an uns, ihnen diesen Weg, den Weg in eine schönere Zukunft zu zeigen.

Hochachtungsvoll,
Anna

1 Kommentar

  1. Wow ... endlich habe ich einen Blog gefunden, der nach Montessori geht. Ich bin gerade so happy und kann mir bei Ihnen echt viele Anregungen holen. Mein Sohn ist ein großer Hinterherhinker. (Nicht nur nen bisschen, sondern sehr stark) Daher konnte ich noch nicht viel dieser Pädagogikform anwenden.
    Super Blog weiterso!

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