28.09.2015

Montessori für zu Hause - Folge dem Kind!


Wenn ich im Internet nach Montessori suche, kommt eine gewaltige Informationswelle auf mich zu. Die Auswahl ist überwältigend! Dennoch, wenn man zu Hause mehr Montessori umsetzen möchte, stellen sich viele Eltern die Frage: Wo fängt man da am besten an?

Ich denke, Montessori beginnt bei uns selbst, daher möchte ich mit diesem Serienbeitrag Eltern, die in dieser Informationsflut regelrecht versinken, einen Rettungsanker zuwerfen und zeigen, was Montessori zu Hause für mich bedeutet. Schritt für Schritt.

Schritt #1 - Vergesst das Spielregal (fürs erste) und folgt dem Kind!

Klingt vielleicht beim Lesen etwas eigenartig, damit meine ich jedoch nicht, dass man dem Kind den ganzen Tag hinterher rennen sollte und auch nicht, dass es okay ist, wenn es nach Lust und Laune die Familienregeln sprengt. Nicht einmal, das es selbst entscheiden sollte, ob es das Zähneputzen vom Tagesplan gänzlich streichen mag. Schlicht gesagt: es bedeutet nicht, dass Kinder tun dürfen, was immer sie wollen.

Dem Kind folgen bedeutet für mich: ihm zu VERTRAUEN.

Am ersten Geburtstag meiner Tochter machte ich mir darüber Sorgen, dass sie noch nicht gehen konnte. Erst zwei Monate später versuchte sie ihre ersten freien Schritte in unserem Wohnzimmer. Sie suchte ihr Gleichgewicht, machte ein paar vage Schritte und plumpste immer wieder hin. Dennoch werde ich es nie vergessen, wie tüchtig sie das Gehen übte und wie herzhaft und laut sie dabei vor Freude bei ihrem ersten Erfolg lachte. Weil sie es ganz alleine geschafft hatte!

Meinem Kind zu folgen bedeutet für mich, dass es sich auf natürliche Weise entwickelt, dass es einem inneren, natürlichen Bauplan folgt, welcher ihm sagt, wohin die Reise geht. Dass ich mich meinem Kind in Ruhe zuwenden und es einfühlsam beobachten kann und diese enorme Lerngeschwindigkeit der ersten Jahre so schätzen lerne. Vertrauen darauf, dass jedes Kind ein geborener "Macher" ist, der von Anfang an lernen will - aber immer nur das, wozu es bereit ist.


Dem Kind folgen bedeutet für mich auch: es zu VERSTEHEN.

Früher, als sie ihr Löffelchen beim Essen beharrlich zu Boden schmiss, sie weinte, wenn ich mich nur 10 cm von ihr entfernte und sie sich plötzlich nicht mehr widerstandslos wickeln ließ, wünschte ich mir oft, ich könnte sie besser verstehen. Es wäre so viel einfacher gewesen, wenn ich gewusst hätte, warum sie dies alles tat, um es ihr und auch mir viel einfacher zu machen.

Auch heute verstehe ich meine fast 4 Jährige nicht immer, aber durch Montessori so viel mehr wie damals! Heute weiß ich zumindest, warum sie damals ihren Löffel auf den Boden schmiss und wie wichtig dieses Experiment für sie war. Ich verstehe auch, warum sie weinte und sich nicht mehr wickeln ließ.

Es fällt mir viel leichter sie achtsam zu begleiten, seitdem ich mehr über ihre Entwicklung weiß: warum sie auf Biegen und Brechen ihre eigenen Entscheidungen treffen will; was hinter diesen vielen Warum-Fragen steckt; warum sie so gerne im Haushalt mithelfen oder auf Bäume klettern mag. Durch Montessori wurde mir auch klar, dass ich all dies nicht einfach 'Phasen' nennen kann, die kommen und (hoffentlich bald) wieder gehen, sondern wichtige Schritte in ihrer Entwicklung sind.


Und nicht zuletzt bedeutet für mich, meinem Kind zu folgen: es zu BEOBACHTEN.

Auch wenn ich im Internet gerne nach Montessori-Ideen stöbere, betrachte ich diese Ideen nicht als eine Agenda. Stattdessen versuche ich, mir die natürliche Entwicklung und die Interessen meiner Tochter vor Augen zu halten.

Denn jedes Kind ist anders. Meine Tochter mit anderen Kindern zu vergleichen, - ob auf dem Spielplatz, in der Verwandtschaft oder eben im Internet, - würde doch keinen Sinn machen. Ihr zu folgen bedeutet für mich ein ständiges Entschlüsseln und Zeichen deuten, um sie auf ihrem eigenen, persönlichen Weg begleiten zu können.

"Folge dem Kind, achte auf die Zeichen, die dir seinen Weg weisen." - Maria Montessori


In unserer Facebook-Gruppe 'Montessori beginnt bei Dir' findet, gleichzeitig zu diesem Serienbeitrag, jeweils eine Austauschrunde statt. Eure Erfahrung, Meinung und Fragen sind erwünscht, schaut einfach vorbei!

5 Kommentare

  1. Liebe Anna!

    Dein Artikel hat mich dazu angeregt, zu reflektieren, was Montessori für mich bedeutet.
    Meine Gedanken habe ich in einem Artikel niedergeschrieben:

    http://kleinemami.blogspot.co.at/2015/09/was-bedeutet-montessori-fur-mich.html

    Deine Meinung dazu würde mich sehr interessieren! Vielleicht darf ich den Artikel ausnahmsweise doch in der FB Gruppe posten, da ich mich gerne dazu austauschen würde, aber der Artikel doch eine gewisse Länge aufweist :)

    Liebe Grüße,
    Gertraud

    AntwortenLöschen
  2. Ich bin immer sehr dankbar für die vielen Anregungen, die du mit uns teilst. Außerdem hilft es mir, immer wieder meinen Anfängergeist zu schulen, und mich immer wieder auf den Zwerg ein zu lassen. Schritt für Schritt bedeutet für mich auch, immer wieder einen Schritt zurück zu treten... und als Anfänger zu betrachten...
    Danke und alles liebe
    Ana

    AntwortenLöschen
  3. Liebe Anna, ich habe einen kleinen Beitrag zu eurer neuen Facebook-Gruppe verfasst. Mit meinem Weg zur Umsetzung Montessoris für unser Zuhause und der Wertschätzung der Arbeit unserer Kinder.

    http://emilundmathilda.blogspot.de/2015/10/das-spiel-ist-die-arbeit-des-kindes.html

    Vielen lieben Dank für deine stetige Inspiration.
    Liebste Grüße, Mathilda

    AntwortenLöschen
  4. Hallo,

    ich bin gerade in deinem Beitrag auf diesen Satz gestoßen: "Ich verstehe auch, warum sie weinte und sich nicht mehr wickeln ließ." Bitte erklär mir das!! :) Damit ich mein Mukkel vielleicht auch besser verstehe...

    AntwortenLöschen

(Wenn Du auf meinem Blog kommentierst, werden die von Dir eingegebenen Formulardaten [und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. Deine IP-Adresse] an Google-Server übermittelt. Mehr Infos dazu findest Du in meiner Datenschutzerklärung und in der Datenschutzerklärung von Google.)