Die vorbereitete Umgebung (für zu Hause)
Bereits die Kleinsten helfen gerne im Haushalt mit, decken eifrig den Tisch, suchen ihre Garderobe aus und kämmen mit Freude ihre Haare. Dazu brauchen sie jedoch eine Umgebung, die ihnen erlaubt selbst tätig zu werden, die auf ihre Größe und ihre Bedürfnisse angepasst ist. Kleine Tischchen und Stühle die sie auch selbst wegschieben oder sogar heben können, kleine Hocker um das Waschbecken oder den Lichtschalter zu erreichen, Geschirr zu dem sie jederzeit Zugang haben. Hier einige Anregungen aus unserem Zuhause, wie man die Räume so gestalten kann, dass die Kleinen sich leicht zurechtfinden:
Diesen Tritthocker zum Beispiel, der leicht zu heben ist, kann man vielseitig anwenden: bei uns steht einer unter dem Lichtschalter im Wohnzimmer damit meine Tochter den Schalter mühelos bedienen kann, und einer im Vorzimmer als Sitzbank beim Schuheanziehen.
Obwohl wir mit den Sicherheitsmaßnahmen in unserer Wohnung keinesfalls übertreiben, möchte ich die Sicherung der Steckdosen jedem ans Herz legen: Kleinkinder stecken, um ihre Fingerfertigkeit zu üben, liebend gerne winzige Gegenstände in kleine Öffnungen. Da sind diese Stromquellen natürlich sehr verlockend - und daher lebensgefährlich!
Es ist natürlich auch ohne Tritthocker möglich das Licht einzuschalten, Hauptsache: ohne Hilfe.
Die Kinderschuhe können auf einem niedrigen und offenen Regal oder wie bei uns in einem großen Korb aufbewahrt werden. Selbstgemachte Schablonen für Links und Rechts und Schuhverschlüsse, die auch die Kleinen alleine auf- und zumachen können, ermöglichen Selbsttätigkeit und führen somit zu mehr Selbstständigkeit.
"Die Kinder werden, wie das, was sie lieben" - waren die Worte Montessoris. Eine Umgebung, die schlicht aber liebevoll und ästhetisch eingerichtet ist, sorgt für Wohlbefinden und lädt zum Selbermachen ein. Blumen, Topfpflanzen, Tischdecken und Bilder in Augenhöhe vermitteln Wohlbefinden und Behagen - auch bei Kindern.
Kinder lieben es ihre Umgebung zu pflegen. Besen, Schaufel und Eimer für den Fußboden in greifbarer Nähe sowie eine kleine Gießkanne und Staubtüchlein in der Nähe der Pflanzen laden ein diese liebevoll zu pflegen.
Gesammelte Naturschätze und echte Arbeitsmaterialien auf einem Tisch laden zum Forschen, Entdecken, Beobachten ein.
Eine gemütliche Lese- und Ruheecke sorgt für Entspannung und mehr Lesespaß. Auch die Kleinen brauchen eine Rückzugsmöglichkeit, wo sie ungestört chillen dürfen.
In unserem Wohnzimmer im Eck steht eine Art Atelier welches ich Julia eingerichtet habe, wo Papier, Scheren, Pinsel, Malkreiden, Wassermalfarben, Buntstifte, Stempel, die hausgemachte Knete und diverses anderes Künstler-Material aufbewahrt werden. So kann sie sich jederzeit auch ohne meiner Hilfe bedienen.
Ihr Tisch ist in Wirklichkeit ein Couchtisch von Ikea, hat aber eine ralitv große Arbeitsfläche und ist genau in ihrer Größe bzw. Höhe. Der Stuhl ist auch vom Möbelschweden, allerdings für Kinder ab dem 3. Lebensjahr und auch dementsprechend zu hoch. Sie konnte sich ohne Hilfe nicht hinsetzen. Uns hat das sehr gestört, also sägten wir die Stuhlbeine einfach etwas kürzer.
Kinder brauchen ausreichend Raum für Bewegung. Wir haben zwar nicht allzu viel Platz in der Wohnung, aber wir tüfftelten so lange beim Einrichten herum, bis wir genug Freiraum für ihren ausgeprägten kindlichen Bewegungsdrang gewinnen konnten.
Wir haben ihr auch eine simple Rutsche "gebaut", die wir aber jederzeit wieder wegstellen können: eine ca. 1 x 1,5 meter große Schranktür aus Pressholz, die ganz einfach an der Couch angelehnt und mit einer Decke rutschsicher gemacht wird.
Als sie das Waschbecken nicht einmal vom Tritthocker erreichen konnte, stellten wir ihr eine kleine Wanne auf einem Beistelltischchen mit Wasser hin, sowie Handtuch und Schaumseife. Mittlerweile erreicht sie den Wasserhahn vom Tritthocker ohne Probleme, aber den Waschschaum habe ich mit der "altmodischen" Seife ausgetauscht, damit sie mehr Übungsmöglichkeit für eine bessere Augen-Hand-Koordination hat.
Ein Frisiertischchen mit Haarspangen (im Korb) und Haarbürsten sowie einen Spiegel - auch zum Zähneputzen eine praktische Lösung.
Auch für die Toilette steht alles in greifbarer Nähe, und obwohl die Rolle immer wieder gerne auf ihre Länge untersucht wird, fand ich, sie sollte den Umgang damit üben dürfen. Auf der großen Toilette wird auch gerne Platz genommen, hierbei hilft eine kleine Trittleiter und rutschfester Toilettenaufsatz.
Kleiderschränke aber auch andere Türen lassen sich mit einer längeren Schnur von Kinderhänden einfach öffnen. Kleidungsstücke sowie Socken, Unterhosen und Unterleibchen befinden sich auf den unteren Regalböden in kleinere und größere Körbchen sortiert.
Ein kleiner stabiler Wäscheständer mit Wäscheklumpen ermöglicht es aktiv an der Hausarbeit teilzunehmen. Wir haben auch einen Trittthocker beim großen Wäscheständer stehen, wenn Julia lieber dort arbeiten möchte.
Von dem Floor-Bed können bereits Babys jederzeit runterklettern oder sich nach Bedarf hinlegen. Die Matratze lässt sich einfach belüften, indem sie tagsüber aufgeklappt wird. Ein Schaffell als Bettvorleger wirkt indes nicht nur kuschelig, es ist auch super praktisch was das nächtliche Herumrollen im Bett betrifft.
Spielsachen und Übungsmaterialien in offenen und niedrigen Regalen in kleinen Körbchen sortiert helfen den Kindern den Überblick zu bewahren, sind einladend und vor allem viel zugänglicher. Aber auch Spielsachen, wie anderes Werkzeug sollten ästhetisch einfach, sinnvoll und vor allem mängelfrei sein.
Kinder betrachten sich gerne und lange im Spiegel, er kann aber auch für Spiegelbild-Experimente eingesetzt werden. Ein Spiegel im Kinderzimmer wird garantiert eines der Lieblingsstücke der Kleinen. Mittlerweile gibt es auch bruchsichere Kinderspiegel zu kaufen, unserer hier ist ein herkömmlicher 08/15 Spiegel den wir an die Wand angelehnt haben.
Es lohnt sich auch die Küche so umzustellen, dass dabei auf die Größe und Bedürfnisse der Kleinsten Rücksicht genommen wird. Eine eigene Schublade oder ein offenes Regal für Geschirr und Besteck sowie andere Utensilien sorgt für mehr Engagement im Haushalt und freudvolles Tischdecken.
Auch Müllentsorgen ist ein wichtiges Thema im Alltag und sollte daher den Kindern ebenso ermöglicht werden.
Es ist wichtig, dass die Gegenstände echte Arbeit ermöglichen. Zu oft vergessen die Industriehersteller, dass diese Materialien mit welchen Kinder tagtäglich zu tun haben, sei es nur ein Wäscheklumpen, zu echter Arbeit verwendet werden und genauso tadellos funktionieren sollten, wie die unseren.
Ich weiß, dieser Beitrag ist etwas augedehnter, ich wollte dennoch nichts weglassen. Eine viel kürzere und eine der schönsten Beschreibungen der vorbereiteten Umgebung las ich in Edwin Mortimer Standing's, Maria Montessori: Leben und Werk (1957):
"Maria Montessori bezeichnet die vorbereitete Umgebung mit den in ihr möglichen zahllosen Tätigkeiten als Stufen zu einem reicher entfalteten Leben. Unermüdlich ersteige das Kind eine nach der andern und auf jeder finde es Nahrung für seinen Geist, finde es Gegenstände, die ihm gestatten, jene geheimnisvollen Energien in seinem Innern zu üben und zu entfalten, die es unentwegt und ohne Pause aufwärts steigen lassen, um ein Erwachsener zu werden."
Wieder einmal ein sehr schöner Beitrag :-) Ich lese so gerne bei dir!
AntwortenLöschenLiebe Grüße Claudia
Freut mich auch selbst jedesmal wieder einen Beitrag von dir zu lesen.:-). Man bekommt auch so richtig Lust sein Haus umzugestallten -was in wir auch größtenteils gemacht haben. Ein großes Dankeschön für die tollen Tipps!!
AntwortenLöschenLiebe Grüße Manuela
hallo,
AntwortenLöschenich kann mich nur anschließen: schön geschrieben, gut beschrieben.
ich lese auch gerne bei dir!
LG & einen sonnigen Sonntag ;0)
Stefanie
Einfach nur toll! Ihr macht das so wunderbar! Ab morgen gibt es hier "altmodische" Seife und den Kloteppich finde ich genial, so durchdacht!
AntwortenLöschenVielen Dank wieder mal, ich komme immer wieder gerne her!
Alles Liebe
Veronika (auch eine Montessori-Pädagogin, aber für Größere)
Hallo,
AntwortenLöschenIch les gerne bei dir, auch wenn ich nicht bewusst nach Montessori erziehe, sondern meinem Herzen und Gefühl folge. Manchmal bestehen Paralellen, jedoch glaub ich nicht, dass nur das Montessoriprinzip diese Selbstständigkeit fördert! Unsere Kleine (natürlich auch drittes Kind, was den Standpunkt vielleicht ändert) tut genau die Dinge die du beschreibst, erkundet, will selber, einfach, weil wir ihr den Freiraum lassen und sie nicht bremsen!
Bewundernswert, und das würde ich hier nochmal unterstreichen, wenn ich es könnte, finde ich einfach eure Art gegen den Konsumrausch zu gehen! Wenig Spielzeug, einfach gehalten! Den Punkt haben wir vor 7 Jahren verpasst und es ist schwierig bei 3 Kindern den Schritt wieder rückwärts zu gehen! Nein sie kriegen nicht alles was sie wollen und es ist überschaubar, jedoch trotzdem zu viel! Hätte es deinen blog damals schon gegeben, hätteset du mich in der Eeise sicherlich inspiriert!
Lange Rede, kurzer Sinn: ich finde es toll, wie du deine "Erziehungsart" durchziehst, wie gut sie klappt, jedoch glaub ich nicht, dass es alleine Montessori ist, sondern normaler Menschenverstand, der vielen abhanden gekommen ist, weil die Wichtigen und einfachen Dinge des Lebens vergessen werden!
Ich freu much weiter von dir zu lesen!
LG
Vanessa
Hallo
AntwortenLöschenWas für ein inspirierender Artikel. Ich lese wahnsinnig gerne bei dir mit. Wir lassen uns zwar nur durch Montessori inspirieren, doch von deinem Blog konnte ich schon wahnsinnig viel für uns mit auf den Weg nehmen...auch aus diesem wunderbaren Artikel. Vielen lieben Danke.
Liebe Grüsse
Nina
Hei!
AntwortenLöschenIch verfolge Deine Serie (und Deinen Blog) mit großer Neugierde und Begeisterung! Ich möchte in die Erziehung meines kleinen Sohnes (7 Monate) gerne ein paar Elemente der Montessori-Pädagogik einfließen lassen. Neben einem kindgerechten Spielzimmer würde ich gerne ein Floorbed etablieren-nur wirkt dies sehr befremdlich auf mein Umfeld. Leider! Hast Du gute Erfahrungen damit gemacht? Und ab welchem Alter?
Viele Grüße und danke für die tollen Inspirationen!
Inga
Liebe Inga, ich weiß ganz genau was Du meinst. Ich kann Dir dennoch nur raten, auf den Argwohn von anderen nicht zu achten und das Floorbed einfach nur auszuprobieren. Was könnt ihr schon verlieren? Ich kann Dir sagen, dass unsere Kleine ihres bis heute heiß liebt und gerne darauf liegt und schläft.
LöschenAllerliebste Grüße,
Anna
Toller Artikel und wirkliche gute Hilfe für einen leichten Einstieg in die Montessori Welt.
AntwortenLöschenEine Frage. Wir wollen auch eine "Waschstation" Bad einrichten. Dafür würde so ein Hocker auf dem ihr Blumen und Taschentücher bzw der Frisiertisch, für uns gut geeignet. Wo finde ich so einen? Lg
Guck mal bei IKEA, das ist ein Nachttisch....heißt RAST .... sehr günstig und flexibel einsetzbar....lg Melli
LöschenHallo! Genau, unser Beistelltisch ist von Ikea und heißt RAST, wie bereits auch Melli geschrieben hat. ;)
LöschenGanz liebe Grüße, Anna
Ich klink mich mal mit ein. Wir haben kein so großes Bad, deshalb haben wir ein großes Brett auf die Badewann gelegt. Darauf stehen Spiegel, Bürste, Zahnbürste und Zahnpasta. Freunde von uns haben das auch, mit Loch für eine Wasserschale. Liebe Grüße aus Norddeutschland, Kim
LöschenHallo! Echt super, wie deine Tochter in alles mit eingebunden ist, das beeindruckt mich sehr. Wir selbst haben diesen kleinen roten Hocker und er wird von unseren Kinder jeden Tag durch die Wohnung geschoben und wird heiß geliebt. Werde mir viele schöne Sachen abgucken. DANKE für die tollen Tipps, Laura
AntwortenLöschenHallo Anna, ich lese schon eine Weile mit und ich habe eine laaaange Liste, was ich für die neue Wohnung noch besorgen muss. Unsere Kleine ist jetzt 9 Monate alt und ich bin so dankbar, dass ich deinen Blog schon früh gefunden habe. Ich habe mir zum Geburtstag drei deiner Buchtipps schenken lassen/selber geschenkt - soweit ich es bis jetzt beurteilen kann: sehr gut! Ich hatte auch Fragen bezüglich des Matratzenbettes und sie wurden mir beantwortet :)
AntwortenLöschenViele Grüße, Nicole
ICH BIN BEGEISTERT! Meine Kinder haben sooo viel. Fast nichts davon wird genutzt. Wir sind schon von über 1.000 Dinge aus 200 Dinge heruntergekommen. Dein Beitrag hat mich inspiriert, all diese Dinge noch Mal radikal zu verringern. Natürlich mit dem Einverständnis der Kleinen. Ich werde die Große deinen Blog vorlesen lassen und es zum gemeinsamen Projekt machen, so schöne und einfache Dinge in unser Leben zu lassen und den ganzen "Plastiksingundkrachmachkram" woanders hin zu geben. Und die Idee mit dem Floorbett... ich wäre nie darauf gekommen! Seit ich in deinem Blog stöbere, sind die Kinder schon 2 Mal aus dem Bett gefallen. Werd gleich morgen die Beine absägen... Danke dir für diesen inspirierenden, einfühlsamen und schön bebilderten Blog.
AntwortenLöschenDas Floorbett finde ich auch eine schöne Sache. Habe ich richtig verstanden, dass das bei euch einfach nur eine Matratze auf dem Boden ist?
AntwortenLöschenGibt es irgendwo eine Bauanleitung für den Lenrnturm ?
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